Jack ist eigentlich ein ganz normaler Hauskater. Doch in einer Sache unterscheidet er sich von anderen Hauskatzen: Er wohnt im Münchner Katzencafé „Katzentempel“. Die Tempel-Katzen teilen ihre Umgebung mit zweibeinigen Gästen. Diese bekommen neben Kaffee und Kuchen sowie einer reichhaltigen und abwechslungsreichen veganen Karte außerdem noch eine Portion Kuscheln. Aber nur solange das auch die Katzen wollen.

Jack liegt zusammengerollt auf seinem Stammplatz im obersten Wipfel des großen Kratzbaums. Den Kopf hat er tief zwischen seinen Vorderpfoten vergraben. Er erinnert vom Aussehen ein bisschen an Garfield. Nicht unbedingt wegen seines orangenen Fells, sondern wegen seiner beträchtlichen Ausmaße. Unter ihm, am Fuße des Kratzbaumes, sitzen Gäste, die sich unterhalten, lachen, und mit ihren Kaffeetassen klappern. Doch der Kater scheint von den Gästen nichts mitzubekommen. „Den bringt so leicht nichts aus der Ruhe“, sagt Geschäftsführerin Kathrin Karl und lacht. „Er hat schon einiges hinter sich. Früher war er eine Straßenkatze und wurde am Straßenrand gefunden, nachdem er von einem Auto angefahren wurde. Leider hat er seitdem nur noch drei Beine.“ Jack stammt, wie alle Tempelkatzen, von „Notfallrassekatzen“, einer Tierschutzorganisation aus dem Münchener Osten. Der Verein hat es sich zur Aufgabe gemacht, Katzen aus Zuchtauflösungen und für Züchter unbrauchbare Katzen zu übernehmen und weiter zu vermitteln. Seit fast sechs Jahren lebt Jack nun im Katzencafé und teilt sich sein Zuhause mit Kater Balou, dem Geschwisterpärchen Gizmo und Alya, sowie den Siamzwillingen Robin und Saphira.

© Luba Schwirtz

Katzencafé statt Karriere

Die Miete für den Katzentempel zahlen Kathrin Karl und Thomas Leidner.  Beide waren in ihrem alten Leben nicht mehr glücklich. Thomas hat BWL studiert und war lange Zeit erfolgreich an der Börse tätig. Gesundheitliche Probleme veranlassten ihn jedoch dazu, die Reißleine zu ziehen. Im Mai 2013 gründete er mit dem Münchener Katzentempel das erste Katzencafé Deutschlands. Ein Jahr später holte er die promovierte Biochemikerin Kathrin mit ins Boot: „Ich hatte meinen Doktortitel in der Tasche, aber mir graute vor der Vorstellung, in die Pharmazie zu gehen. Ich wollte etwas machen, was mir wirklich am Herzen liegt, und die Welt vielleicht auch ein kleines bisschen besser macht“, erzählt Kathrin. Nicht jeder Katzenfreund hat das Privileg, eine Katze daheim zu haben. Bei ihr können die Gäste zumindest stundenweise mit ihnen kuscheln. Sie bestimmt auch die vegane Küche, die im Katzencafé ausschließlich angeboten wird. Thomas und Kathrin wollen ihren Gästen einen bewussten Umgang näher bringen, sowohl mit den Tieren, als auch mit der Ernährung. Der Weg dorthin war jedoch weit: „Es war kein Zuckerschlecken, die Behörden von der Idee mit dem Katzencafé zu überzeugen“, erinnert sich Kathrin an die Anfänge. Thomas musste sogar bei Schulungen des Veterinäramts teilnehmen und Sachkunde-Prüfungen ablegen. Die Auflagen für die Hygiene im Katzencafé sind besonders streng. Nur eine Durchreiche darf die Küche mit dem Café verbinden, um Katzenhaare im Essen zu vermeiden. All die Mühen haben sich aber gelohnt und Thomas schaffte die rechtliche Grundlage für seinen Lebenstraum.

© Luba Schwirtz

Keine Schmusegarantie

„Wir haben unser Café extra „Tempel“ getauft, weil wir unterstreichen wollen, dass die Katzen hier respektiert werden. Wenn die Katze genug hat, muss der Gast das respektieren“, betont Kathrin. Sollte einer Katze der Trubel doch einmal zu groß werden, hat sie die Möglichkeit, in ihren Rückzugsraum zu verschwinden. Der ist für Zweibeiner verboten. „Manche Gäste fragen dann sehr harsch: Wo sind denn jetzt die Katzen? Aber hier ist nicht der Kunde, sondern die Katze König!“ Siamkatze Saphira fühlt sich offensichtlich angesprochen. Sie hüpft von ihrem Kissen und streicht Kathrin vertraut um die Beine. Königlich stolziert sie an den Tischen vorbei, bis sie schließlich einen Gast auswählt. Die Siamkatze legt ihren Kopf schräg zur Seite, wackelt mit ihrem Hinterteil und setzt akrobatisch zum Sprung an. Punktgenau landet sie auf dem Schoß der jungen Frau. Auf ihrem überraschten Gesicht macht sich ein Lächeln breit. Saphira klettert an ihrem Oberkörper entlang zu den Schultern und legt sich wie ein Schal um den Hals der Auserwählten. Saphira schnurrt, der Gast strahlt.

Café Katzentempel: Ein flauschiges Angebot

Das Programm im Katzentempel beschränkt sich nicht nur auf den Café-Betrieb. Es gibt Lesungen, Speeddatings für Tierfreunde und sogar Yoga mit den Katzen. Kathrin erzählt: „Die Katzen finden das superspannend, Gizmo legt sich oft mit auf die Matten. Es ist für die Katzen einfach immer toll, wenn es etwas Neues gibt“. Neben Events bietet das Café auch Artikel wie T-Shirts, Tassen, Postkarten oder Buttons zum Kauf. Ein Teil der Einnahmen geht direkt an den Tierschutz und unterstützt Tierschutzorganisation, wie z. B. Sunnydays for Animals e.V., die sich unter anderem um die Kastration und Versorgung von Straßenkatzen kümmern. Die Idee von Thomas und Kathrin ist aufgegangen. Der Gast bekommt ein gutes Gewissen, Tiefenentspannung und gesundes Essen in bester, tierischer Gesellschaft. Ihr Katzentempel ist ein wahres Paradies für alle, die die Stubentiger entspannt vergöttern wollen. Wer sich übrigens einbringen möchte, kann dies auch in Form einer Patenschaft tun. Bei diesem Programm winken je nach monatlichem Beitrag schöne Sachen wie exklusive Playdates mit den Tempelkatzen und noch vieles mehr!