Kocherlball 2018

Sonntagmorgen, 6 Uhr, mitten in München: Normalerweise trifft man im Englischen Garten um diese (Un-) Zeit höchstens übermotivierte Sportler, Reiter hoch zu Ross oder Reste vom Feiervolk. Nicht so am kommenden Sonntag. Denn dann steigt — wie jedes Jahr am 3. Sonntag im Juli — wieder der berühmte Kocherlball.

Tradition kann ein anstrengender Begriff sein. Tradition kann aber auch — wenn man jede Ideologie weglässt — richtig Spaß machen. Bestes Beispiel: der traditionelle Kocherlball am Chinesischen Turm. Denn kurioserweise strömen jedes Jahr an einem Sonntagmorgen im Juli die Münchner zuhauf in den Englischen Garten. Und zwar sehr früh. Um zu tanzen. Ist halt Tradition (zumindest seit der Wiedereinführung 1989).

Credits: Haberl Gastronomie/Paul Günther

Historisch geht der Kocherlball auf Ende des 19. Jahrhunderts zurück. Im biedermeierlichen München wurde gerne auf öffentlichen Tanzböden getanzt. Für Hausangestellte — auch Kocherl genannt –, also KöchInnen, Gärtner, Zimmer- und Kindermädchen, Zofen und andere Dienstboten, war es aber aufgrund ihrer Arbeitszeiten schwierig, diesem Vergnügen tagsüber nachzugehen. Deswegen wurden die Tanzrunden einfach vor den Arbeitsbeginn gelegt. Zeit hatte man, bis die Hausherren wieder aus der Kirche kamen. Die frühe Morgenstunde hat man bis heute beibehalten, auch wenn die Anzahl der teilnehmenden Hausangestellten mittlerweile wahrscheinlich deutlich geringer sein dürfte.

Die wahren Profis des Kocherlballs erkennt man deswegen auch daran, dass sie nicht Tracht, sondern Hausangestellten-Gewänder aus der Biedermeier-Zeit tragen. Aber Dirndl und Lederhose sind auch völlig ok, Hauptsache, man kann darin tanzen. Denn darum geht es nach wie vor, um’s Tanzen. Landler, Zwiefacher, Boarischer, „Münchner Française“ oder Polka — die Tanzmeister sagen an, was drankommt und der Tanzboden füllt sich. Eng ist es dann, bei schönem Wetter können nämlich schonmal an die 10.000 Menschen zum Chinesischen Turm strömen.

Kocherlball
Credits: Haberl Gastronomie/Paul Günther

Und wer sich jetzt denkt „Na toll, ich kann die Tänze ja gar nicht“ dem sei gesagt: Das macht gar nichts! Entweder ihr kommt vor dem Kocherlball noch zu einer kostenlosen Tanzstunde im Hofbräuhaus vorbei oder ihr achtet am Kocherlball einfach auf die Instruktionen der Tanzmeister, die die Schrittfolge immer noch einmal erklären und auch vortanzen. Musikalische werden sie in diesem Jahr übrigens von dem Niederbayerische Musikantenstammtisch und den Äff-tam-tam-Musikanten begleitet.

Und wem es dann reicht vom Tanzen, der kann sich einfach dem gemütlichen Beisammensein im Biergarten hingeben. Wie immer gilt: Essen kann mitgebracht werden, Trinken gibt’s vor Ort (Essen natürlich auch). Und: Wer sich einen Tisch sichern möchte, sollte schon deutlich vor 6 Uhr morgens da sein. Denn ein Geheimtipp ist der Kocherlball sicher nicht mehr!

Kocherlball
Credits: Haberl Gastronomie/Paul Günther

Bei schlechtem Wetter fällt der Kocherlball übrigens aus.