David Schnell: Flyer

In the organizer's words:

Wir freuen uns, David Schnells Einzelausstellung am 31. August von 17 – 20 Uhr in unseren Berliner Galerieräumen zu eröffnen.

[…] Die Perspektiven in den Bildern von David Schnell haben sich verändert: Was einst der Blick vor sich sah, der von allen Raumkanten geführte, strenge Sog mitten in die strahlende Welt hinein, eine Ansicht aus dem zentralen Auge der Betrachtenden, das wird nun abgelöst durch eine Schau von oben hinab. Vom Turm, von der Pyramidenspitze, von einer am Himmel kreisenden, unerbittlichen Kamera? Eine dem menschlichen Blickwinkel enthobene Observation, wie sie die Maschinen vornehmen. Es ist der Blick des Engels der Geschichte. Und vor diesem Auge verwandeln sich die verlassenen Orte - wir selbst nehmen diesen nichtmenschlichen Blick hier ein - in Zustände, die den Grundwahrheiten von Raum und Zeit nicht mehr gehorchen. Das Gefüge entkleidet sich. Elemente gesellen sich dazu, verlieren ihre Dichte, wandeln sich um. Und: Je mehr sich unsere Augen den Oberflächen der bemalten Leinwand nähern, umso mehr entzieht sich das, was wir gerade noch als geometrisch organisiert wahrgenommen hatten. Wir geraten in luzide Untiefen und schwebende Schächte, aus denen die Erdanziehungskraft höchstselbst ausgezogen ist. Das architektonisch Bestimmte fügt sich nicht mehr, es schwindet oder vertieft sich in eigensinnig verlängerte, weit in den Raum hineingetriebene Fluchten und Kammern, die ihre Funktionen vor uns verbergen, sich im Zustand der Verlassenheit wie wucherndes Kristall gebärden. Es bilden sich reflektierende Flächen aus raumlosen Platten. Als leuchtende Elemente blättern sie von den Kubaturen ab, steigen und schweben einem Urstand oder einem Endknall entgegen, von dem keiner, der auszog, etwas wusste. Die Verbindungen innerweltlicher Ordnung sind gesprengt. Eine von Menschenhänden und der Schwerkraft erlöste, interferierende, gelockerte Materie. Wir sehen, dass sich in der Malerei von David Schnell „die unmittelbare Wirklichkeit der Dinge auflöst und ihre Elemente zur Verwirklichung [malerischer] Ziele verwendet werden – ohne Rücksicht auf irgendwelche Unantastbarkeiten...“ - genauso wie der Mensch am Ende der von ihm so bezeichneten Neuzeit „die unmittelbare Wirklichkeit der Dinge auflöst und ihre Elemente zur Verwirklichung seiner Ziele verwendet – ohne Rücksicht auf irgendwelche Unantastbarkeiten, wie sie sich aus dem früheren Menschen- und Naturbild ergaben.“1

Text von Bertram Haude, Auszug

1Romano Guardini, Das Ende der Neuzeit, Werkbund-Verlag, 1950.

 

///

 

We are pleased to open David Schnell's solo exhibition at our Berlin gallery space on August 31, from 5 – 8pm.

[…] The perspectives in David Schnell’s pictures have changed: What the gaze once saw before it, the strict pull from all edges of the space into the middle of the radiant world, a view from the central eye of the observer, is now replaced by an overview down from above. From the tower, from the apex of the pyramid, from an inexorable camera circling in the sky? An observation absolved from the human point of view, as taken by machines. It is the view of the angel of history. And before this eye, the deserted places are transformed – here, we ourselves adopt this non-human view – into states of things that no longer obey the basic truths of space and time. The structure bares itself. Components join it, lose their solidity, transform themselves. And the more our eyes approach the surfaces of the painted canvas, the more what we had just perceived as geometrically organized eludes us. We find ourselves in lucid abysses and floating shafts from which even the earth’s gravity has departed. What is architectonically determined no longer complies, it dwindles or deepens itself in willfully extended passages and chambers driven deep into the space that hide their functions from us and behave in the state of abandonment like rampantly proliferating crystals. Reflecting surfaces form from spaceless slabs. They flake off as glowing components from cubic volumes, rise and float toward an original state or end bang of which no one who departed knew anything. The connections of inner-worldly order are burst. An interfering, loosened matter released from human hands and gravity. We see that, in David Schnell’s painting, “the immediate reality of things dissolves and their components are used to actualize [painterly] goals – without regard for whatever inviolabilities that resulted from the earlier image of man and nature.”1

Text by Bertram Haude, extract

1Romano Guardini: Das Ende der Neuzeit, Werkbund-Verlag: 1950.

Location

Galerie EIGEN + ART Auguststr. 26 10117 Berlin

Get the Rausgegangen App!

Be always up-to-date with the latest events in Berlin!