Verschollen in der modernen Welt
Wie kein anderer Text Kafkas beschreibt „Der Verschollene“ die Klassenverhältnisse einer kapitalistischen Gesellschaft.
Der 16-jährige Karl Roßmann, der von seiner Familie verstoßen und nach Amerika geschickt wird, muss sich in immer wieder neuen sozialen Konstellationen behaupten. Die technokratische Ordnung des Unternehmer-Onkels im Wolkenkratzer hoch über New York, die Realität zweier Gelegenheitsarbeiter auf der Straße, die überarbeiteten Liftboys eines Hotels, eine beengte Wohngemeinschaft im Künstlermilieus – sie alle spielen das Gesellschaftsspiel von Macht und Ohnmacht, von Anpassung und Rebellion, das den Besitzenden die besten Karten in die Hände spielt und nach den Schwächeren tritt. Gerade diese Verstoßenen und Verschollenen aber geben ihre Zukunft nicht auf, sondern machen als Lebenskünstler*innen erfinderisch weiter.
Charlotte Sprenger inszeniert feinsinnige, musikalische, spielerische Ensembleabende, unter anderem am Thalia Theater in Hamburg. Nun zeigt sie eine erste große Arbeit an den Münchner Kammerspielen, wo sie bereits 2022 den Fassbinder-Film „Die dritte Generation“ als Jahrgangsinszenierung der Otto Falckenberg Schule auf die Bühne brachte.
„Das heutige Ohnmachtsgefühl entsteht dadurch, dass wir Bewusstsein haben über die Verhältnisse und trotzdem Regeln befolgen, die wir nicht gemacht haben und die wir auch oft nicht nachvollziehen können, geschweige denn gutheißen. Der Visionär Kafka erzählte uns das schon vor 100 Jahren in seinem Roman-Fragment.“
– Charlotte Sprenger, Regisseurin
Preisinformation:
Do-Sa: 15-45€, So-Mi: 10-40€, unter 30 Jahren jede Platzkategorie: 10€