»Wir stehen auf des Messers Schneide.« Leonie Böhms Aneignung der antiken Tragödie beginnt, als noch nicht alles verloren ist. In einem leidenschaftlichen Balanceakt wischen die Akteurinnen im Hier und Jetzt die Staubschicht von den alten Worten und ringen mit ihnen um Handlungsfähigkeit. Die neu zusammengesetzten Texte und Gedanken eines der berühmtesten Theaterstücke der Weltliteratur erzeugen einen gegenwärtigen Resonanzraum, sich den in uns über Generationen weitergetragenen »Flüchen« zu stellen. Wie ist ein für nachhaltige Veränderung notwendiger Bewusstseinswandel möglich? Wie können wir loslassen, was uns im Weg steht, uns neu zu erfinden, neu zu verbünden? »Und hier, auf einmal hebt ein Wirbelsturm Staub vom Boden in die Höhe, und füllt die Ebene, zerfetzt das ganze Laub des Waldes, die Luft ist voll davon!« Leonie Böhm ist bekannt dafür, kanonisierte Texte auf die in ihnen wohnenden Gedanken und Gefühle zu konzentrieren. Klassiker sind belastbar. Man kann sie zerstückeln, kondensieren und anders kompilieren. Sich immer wieder neu zu ihnen ins Verhältnis setzen. Im Fokus steht dabei immer der Anspruch, diese in ihren Gedanken und Gefühlen ernst zu nehmen und sie in ihren Handlungen zu verstehen. Leonie Böhms Perspektive auf den antiken Mythos Medea* wurde 2021 zum Theatertreffen eingeladen. Premiere am 16/April 2023 Textfassung Leonie Böhm, Tarun Kade & Ensemble unter Verwendung der Übersetzungen von Peter Krumme (Verlag der Autoren), Friedrich Hölderlin / Martin Walser / Edgar Selge (Suhrkamp Theater Verlag) Foto: Esra RotthoffBühnenfotos: Ute Langkafel