Die Überreste der Antike entfalteten im Europa der Frühen Neuzeit eine ungeheure Faszination und Wirkmacht auf Gesellschaft, Kultur und Wissenschaft. Die Ausstellung im ersten Stock des nördlichen Lichthofs dokumentiert, welch zentrale Rolle Druckgraphiken bei der Verbreitung und Interpretation der antiken Relikte spielten. Dabei entfalteten die ‚Reproduktionsstiche‘ ein erstaunliches Eigenleben: Sie dokumentierten nicht nur die antiken Objekte, sondern konnten sie ergänzen, interpretieren, ihre (vermeintlichen) Kontexte evozieren, aber auch frei erfundene Antiken in die frühneuzeitliche Vorstellungswelt einspeisen. Durch ihre große Verbreitung traten diese Bilder geradezu an die Stelle der tatsächlichen Objekte. Den Höhepunkt und Versuch einer Zusammenfassung all dieser Überlieferungsgeschichten stellte die ‚Bilder-Enzyklopädie‘ dar, die Bernard de Montfaucon von 1719 bis 1724 in 15 Folio-Bänden und mit über 1.100 Kupferstich-Tafeln publizierte („L’Antiquité expliquée et représentée en figures“). Die Ausstellung verfolgt in elf Sektionen diese ‚Wanderstraßen‘ der Antikenüberlieferung im Bild an ausgewählten Beispielen, die von berühmten Statuen, Themen und Figuren wie dem Laokoon, Julius Cäsar oder Herkules bis zur Badekultur und der Rekonstruktion des antiken Roms reichen.
Präsentiert werden dabei Ergebnisse des von der Union der Deutschen Akademien der Wissenschaften geförderten Projektes „Antiquitatum Thesaurus“ an der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, das rund 7.200 Zeichnungen und 15.000 Druckgraphiken zur Antikenrezeption des 17. und 18. Jahrhunderts in einem digitalen Repositorium erschließt.