Black Comics
Vom Kolonialismus zum Black Panther
Kuratiert von Dr. Alexander Braun
Die westlichen Demokratien, insbesondere Deutschland haben intensiv damit begonnen, sich mit ihrer kolonialen -Geschichte auseinanderzusetzen. Dabei tun sich schmerzhafte Abgründe aus Raub, Verschleppung, Versklavung und Völkermord auf, die viel zu lange durch die Fiktion von Abenteuertum und vermeintlicher Zivilisationsentfaltung kaschiert wurden. Die Realität sah anders aus: menschenverachtend und grausam.
Und was sagt der Comic dazu? Man kann schwer erwarten, dass die Kulturprodukte rassistischer Gesellschaften nicht auch ein ebensolches Bild abgeben würden. Ein Negativbeispiel ist zum Beispiel Hergés »Tim im Kongo« von 1930, in dem der blonde belgische Reporter an der Seite katholischer Missionare den »dummen« Afrikanern -Bildung und Tugendhaftigkeit bringt.
Aber: Nur neun Jahre später machte es Jijé besser und bescherte dem europäischen Comic – mitten in der Besatzung Belgiens durch die Nazis – einen schwarzen Jungen
als Titelhelden (»Blondin et Cirage«). Außerdem: Trotz seiner kolonialen Agenda wird »Tim im Kongo« im Kongo selbst zu einem Bestseller und rangiert bis heute in Afrika unter den beliebtesten Comic-Titeln. Das Album wird zur Initialzündung einer eigenen afrikanischen Comic-Kultur: circa 50 Prozent der Comic-Künstler und -Künstlerinnen des gesamten Kontinents stammen aus dem Kongo. Das Beispiel zeigt: Mit plumpen Klischees und schnellen Verurteilungen ist hier wenig Staat zu machen. Das Thema ist sehr komplex und steckt voller Ambivalenzen.
Zu Beginn der 1950er-Jahre prangerte der EC-Verlag den Rassismus in den USA und die Machenschaften des Ku-Klux-Klans an. In den frühen 1970ern erweiterten Jack Kirby und Co. den Superhelden-Kosmos um eine ganze Riege afroamerikanischer -Helden, angeführt vom »Black Panther«. Der Kampf der Bürgerrechtsbewegung hatte gefruchtet. Nun gab es nicht nur schwarze Helden, sondern sie wurden auch zunehmend von afroamerikanischen Künstlern gezeichnet. Immer stärker setzte die Black Community in der Comic-Landschaft eigene Akzente, und Independent-Autoren und -Zeichner wie Ho Che Anderson oder Kyle Baker huldigten in Graphic Novels ihren Idolen Martin Luther King oder Nat Turner. Heute ist die Comic-Szene von New York bis Kapstadt, von Paris und Brüssel bis Kinshasa so vielstimmig und bunt wie nie zuvor.
Mit circa 100 Originalwerken und viel Archivmaterial wirft die Ausstellung Schlaglichter auf die Genealogie von schwarzen Figuren im Comic und ihre Macher.
Zur Ausstellung erscheint ein umfangreiches Katalogbuch.