Eingebettet in die gläserne Architektur des Schinkel Pavillons imaginiert die neueste Videoarbeit des New Yorker Kollektivs DIS Daseins-Szenarien, die sich fern der gekannten Strategien linearer Geschichtsschreibung und Wissensproduktion bewegen. Die genreübergreifende Science-Fiction-Dokumentation Everything but the World richtet den Blick auf die heute wohl am weitesten von der Natur entfernte Spezies, die den Planeten Erde bewohnt: den Menschen.
Aufstieg und Fall liegen in der fossil überlieferten Erzählung der Menschheitsgeschichte nah beieinander. Everything But The World hinterfragt die post-aufklärerischen Vorstellungen von „Fortschritt“, indem die repetitive Massenproduktion des Fabrikarbeiters mit den prähistorischen Lebensformen in Verbindung gebracht werden, die unsere Vorfahren praktizierten, als sie vom Jagen und Sammeln zur sesshaften Landwirtschaft übergingen.
Zwischen spekulativer Zukunft und aufgezeichneter Vergangenheit führen zahlreiche ProtagonistInnen durch die Erzählung, Realität und Fiktion verschwimmen sukzessive in einer Bilderflut, die sich wechselnder Formen und Formate bedient – von der klassischen Dokumentation über das YouTube-Tutorial bis hin zur TV-Show, vom Breitbild bis hin zum vertikalen Smartphone-Format. Interessiert an der menschlichen Faszination vom dystopischen Ende der Zeit, spürt der Film – ungeachtet absoluter Wahrheiten und Konventionen – den Grenzbereichen des Möglichen nach.
Aus der Perspektive unserer knapp bemessenen Lebenszeit mag es schwer zu fassen sein, aber Geschichte ist keine Erzählung von Evolutionen und Konstanten, sondern von Veränderungen und Revolutionen. Wenn wir begreifen, dass unsere Welt nur eine Mögliche unter vielen ist, welche Welten könnten uns dann noch erwarten, nach dem Ende der Welt, wie wir sie kennen?
Bio:
DIS ist ein kollaboratives Projekt von Lauren Boyle, Solomon Chase, Marco Roso und David Toro. Von New York aus wirkt das Kollektiv sowohl künstlerisch als auch kuratorisch in einem breiten Feld von Medien und Plattformen, die Methoden der Produktion, Nutzung und Verbreitung von Content online nutzen. 2010 gründeten sie zunächst das Online-Magazin DIS Magazine. Später folgten eine Bilddatenbank (DISimages) sowie ein Online-Shop (DISown) mit von KünsterInnen entworfenen Produkten und Accessoires. 2018 wurde das Magazin durch die Streamingplattform dis.art ersetzt.
Von Anfang an hat DIS neben dem Magazin auch künstlerische Projekte realisiert und auf anderen Plattformen agiert, wie Ausstellungen im MoMA und dem New Museum in New York. 2016 kuratierte das Kollektiv die Berlin Biennale; zuletzt haben sie gemeinsam mit Andrea Bellini, dem Direktor des Centre d’Art Contemporain Genève, die dort stattfindende Biennale de l’Image en Mouvement 2021 kuratiert.