Don Quijote ist längst Legende: der Ritter von der traurigen Gestalt, der auf seinem alten Klepper gemeinsam mit seinem treuen Knappen Sancho Pansa durch ein längst vergessenes Spanien zieht und ein Abenteuer nach dem anderen erlebt. Er kämpft im Namen des untergehenden Ordens der Irrenden Ritter gegen mächtige Gegner - für Gerechtigkeit, die Ehre und die reine Liebe.
Abenteuer, in denen er sich als Ritter bewähren muss, scheinen ihm geradezu hinterherzulaufen, denn die Banalität der Realität ist nicht die Welt, in der Don Quijote lebt. In seiner Welt ist ein Wirtshaus ein Kastell und ein Barbierbecken wird zum Helm des Mambrin. Unerschrocken stellt er sich im Kampf selbst gegen übermächtig erscheinende Gegner. In seiner Wirklichkeit folgt er seinen Idealen von Heldenmut und Aufrichtigkeit, doch seine in der schnöden Realität verhafteten Zeitgenossen verachten und verfolgen ihn als gefährlichen Störenfried: mal zerschlägt er in wildem Kampf ein vermeintlich riesiges Heer - und schlachtet doch nur eine Herde Hammel ab, er schlitzt die „Bäuche“ von Riesen auf, doch der rote Strom, der sich über ihn ergießt, ist der Wein aus gewaltigen Schläuchen, die er zerhackt hat und aus dem Kampf gegen rotierende Schwerter, die in Wahrheit Windmühlen sind, trägt er üble Blessuren davon.
Doch die Kraft seiner Fantasie bringt auch die Realität der grauen Gegenwartsmenschen zum Leuchten und eröffnet längst vergessen geglaubte Möglichkeiten des Spiels, das die Grenzen zwischen Traum und Realität in Frage stellt. Wir müssen uns fragen: Geben wir der ungebundenen Fantasie oder gar dem vermeintlichen Irrsinn in unserer Gegenwart noch einen Platz und sind wir nicht, wenn wir die schnöde Realität als einzige Wahrheit anerkennen, nicht viel ärmer als dieser „verrückte“ Don Quijote de la Mancha?
Vierhundert Jahre ist es her, dass Miguel de Cervantes in seinem zeitkritischen Roman, einem der ersten seiner Art, von den Schönheiten, aber auch Gefahren der Illusion erzählte, die im Widerstreit zur erbärmlichen Wirklichkeit stehen. Noch heute gilt, die Phantasievollen sind nicht allein in der Welt, sondern nur in unserer, rein zweckorientierten, auf Effizienz getrimmten Gesellschaft. Cervantes bewegte Biografie brachte ihm unter anderem auch einige Jahre Gefängnis ein. Dort erschuf er fünfzigjährig seine weltberühmten Figuren und mit ihnen eine Welt, die stets im Widerstreit mit der Realität standen und stehen. Ein Votum für die Phantasie, ein Votum für die Kunst des Lebens jenseits karger Realitäten.
Wie gehen wir mit Mitmenschen um, die unser Leben auf solch wundervolle Weise irritieren, aber auch reicher machen? Quijotesk nennen wir es heute, wenn jemand gegen Windmühlen, die zu feindlichen Riesen werden, kämpft. Das Leben ist hier wieder Traum. Und umgekehrt! Es sind die imaginären Welten, die nur ein Mensch erschaffen kann und die uns noch immer faszinieren, mit all ihren phantastischen Verrücktheiten, ein Leben so glücklich und unendlich tragisch, aber stets voller Phantasie, die wir uns in unseren rationalisierten Welten nicht mehr zu träumen wagen.
Nach der Übersetzung von Ludwig Tieck.
Text/SpFg: Jörg Steinberg.
Regie: Jörg Steinberg.
Dramaturgie: Holger Kuhla.
Bühne/Kostüme. Heike Neugebauer.
Regieassistenz: David Wehr.
Mit: Svea Auerbach, Peter Lüchinger, Michael Meyer, Erik Roßbander, Markus Seuß.
Dauer: 2:40 inkl. Pause
Aufführungssprache: Deutsch
Preisinformation:
normal: 25 € ermäßigt: 14 € Studierende der Uni, HS und HfK Bremen sowie der HKS Ottersberg: Eintritt frei