Wer kennt sie nicht, die kleinen Porzellanfigurinen, die zu Sammlerstücken avanciert sind und nicht selten als Beispiel für den Begriff Kitsch herhalten müssen. Für Maria und Natalia Petschatnikov repräsentieren die weichen Formen der glänzenden kleinen Skulpturen die fragile Welt der Vergangenheit.
Sie haben sie bei einem Studienaufenthalt in Dänemark in einem Antiquitätengeschäft entdeckt. Die Figuren, egal ob sie einen wilden Eisbären, ein Inuit-Kind oder eine Allegorie des Schmerzes darstellen, werden durch die Schönheit des weißen-blauen Porzellans vereint und sind in ihrer Verniedlichung ansprechend. Sie können als Metapher für eine „heile Welt“ gelesen werden.
Maria und Natalia Petschatnikov kehren dieses Bild um, indem sie die Figuren vergrößern und ihre Zerbrechlichkeit thematisieren. Die Schönheit wird auch durch die Installation gebrochen, die mit Transportkisten und -paletten eine Umbruchsituation suggeriert. Porzellan ist ein ambivalentes Material: Trotz seiner Stabilität steht es auch für Zerbrechlichkeit. Es ist schön und kitschig, wertvoll und günstig, besonders und alltäglich, europäisch und global.
Die beiden Konzeptkünstlerinnen legen die bedeutungsreiche und vielschichtige Fragilität des Porzellans offen. Sie stellen Fragen nach den Verbindungen der „Porzellan-Welt“ mit der realen Welt. Porzellan ist, obgleich eine chinesische Erfindung, ein wichtiger Bestandteil der europäischen Geschichte. Seit dem 18. Jahrhundert hat jedes europäische Land in jeder Epoche sein eigenes Porzellan produziert, und selbst die grausamsten und ungerechtesten Regimes haben wunderschöne Porzellanfiguren hervorgebracht. Themen wie Identität, Ästhetik als Kommunikationsmittel, europäische Traditionen und sich wandelnde Werte werden hier verhandelt.