In „Demian“ lässt Hermann Hesse seinen Emil Sinclair fragen: „Ich wollte ja nichts als das zu leben versuchen, was von selber aus mir heraus wollte. Warum war das so sehr schwer?“ Ein Jahrhundert später stellt sich FREDRIK dieselbe Frage. Der 21-Jährige gehört zu einer jungen
Indie-Pop-Generation, die keinen Hehl daraus macht, wie es ihr geht – eine Abkehr vom Patriarchat, in dem Männer keine Gefühle zeigen dürfen. Jetzt kündigt er seine erste EP „Verlernt zu Fühlen“ an. FREDRIK macht Indie-Pop, wie ihn derzeit nur wenige wagen: groß, verletzlich,
trotzig – Studien einer vernarbten Gefühlslandschaft. Er singt, spricht, schreit – mal zur Gitarre, mal zum Klavier, mal mit cineastischer Epik, mal mit der stillen Wucht eines inneren Monologs. Neue deutsche Selbstzweifel. „In meiner Musik kann ich negative Emotionen in etwas Positives verwandeln. Ich singe über eine Trennung oder die Probleme mit meinem Vater – und ziehe etwas Befreiendes daraus. Musik ist für mich Selfcare. Fast schon Therapie.“ So ehrlich sind im deutschen Indie-Pop wenige. FREDRIK weiß das – und bleibt trotzdem dabei. „Manche
überfordert das, aber ich falle lieber mit der Tür ins Haus, als zu lügen. Warum sollte ich das auch tun?“ Mit seiner aufwühlenden Musik steigt der Hamburger in die Abgründe seiner selbst herab, geht ins Gericht mit sich und der Welt. FREDRIK gehört zur Generation Lockdown – junge
Menschen, deren prägende Jahre von Home-Schooling, Sperrstunden und Schockstarre geprägt waren. Verlorene Jahre vielleicht, vor allem aber schwere. Mit zehn entdeckt er Cro, dessen „Raop“-Album ihn vor allem lyrisch prägt. FREDRIK will Rapper werden, landet beim Gesang,
heute ist es eine Mischung aus beidem. Warum sich festlegen? Er lernt Klavier, Gitarre, Producing – Bedroom-Artist 2.0. „Ich bin jemand, der den Dingen nicht traut“, sagt er. „Wenn ich glücklich verliebt bin, singe ich davon, wie es ist, getrennt zu sein. Ich kann nicht über schöne Dinge
singen.“ Klingt bitter – aber: Als Hörer:innen können wir fast froh darüber sein. Manchmal blitzt in seinen Songs auch Hedonismus auf, Zigaretten, Rotwein – doch es hält nie lang. Am Ende ist FREDRIK wieder allein. Mit sich, mit seinen Gedanken, mit seiner Musik. Damit ist er nicht allein.
Der Tummelplatz junger deutscher Pop-Hoffnungsträger wächst – Ennio, Mayberg, andere. FREDRIK gehört dazu – und doch wieder nicht. Er kocht sein eigenes Süppchen, schreibt Songs, die nie zu konkret werden und gerade deshalb universell sprechen. Leicht macht er es sich nicht.
Aber das hat er schon mit 21 gelernt: Das Leben ist so. Heißt nicht, dass es schlecht ist. Wir dürfen nur nicht aufhören zu fühlen. Auch wenn es wehtut.
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