Das sagt der/die Veranstalter:in:
von Merle Zurawski nach Motiven von Heinrich von Kleist
Inszenierung
Merle Zurawski
„An den Ufern der Havel lebte, um die Mitte des sechzehnten Jahrhunderts, ein Roßhändler, namens Michael Kohlhaas. – Dieser außerordentliche Mann würde, bis in sein dreißigstes Jahr für das Muster eines guten Staatsbürgers haben gelten können, wenn er in einer Tugend nicht ausgeschweift hätte. Das Rechtgefühl aber machte ihn zum Räuber und Mörder.“
In kurzen Sätzen zu Beginn seiner Novelle, lässt Heinrich von Kleist wenige Fragen offen - außer vielleicht, was das heute noch mit uns zu tun hat. Der Typus des einsam reitenden Helden scheint zwar sachte angestaubt, doch eröffnet er gleichzeitig den Raum für eine gemeinsame Suche nach Gerechtigkeit in einem korrupten System. Denn manchen ist es bis heute nicht vergönnt, ihren gekränkten Rechtsanspruch in den klassischen Kanon einzuschreiben. Sofern sie überhaupt vorkommen, sind ihnen die Nebenfiguren vorbehalten, die tragisch an der Heldenfigur scheitern. Ihre eigene Wut bleibt ungehört, darf sich nicht ausbreiten, keine Brände legen oder Rache fordern.
Und so erobert der Chor der Pferdemädchen* die Koppel zurück und schwingen sich zu Kohlhaas aufs Pferd. Reißen das Narrativ an sich, reißen es in Stücke und stopfen die Fetzen in ihre Satteltaschen. Sie zelebrieren das versöhnliche Potenzial des Linedance und das solidarische Moment der Herde. Auf der Suche nach einer gemeinsamen Erzählung jenseits der Gewalt, grasen sie genüsslich auf der grünen Weide der Utopie.