Wer mehr über das progressive Jazzgeschehen in New York City erfahren will, kommt an ihm nicht vorbei: Joel Ross ist nicht nur ein grandioser Vibraphonist. Mit seiner Gruppe Good Vibes steht er stilistisch und vom Sound her für vieles, was dort aktuell Sache ist.
Dazu gehört auch: ein neues Bewusstsein für den Blues, der den Jazz von jeher nährte. „nublues“ heißt das frisch veröffentlichte Album von Joel Ross. Es ist sein viertes eigenes, wie alle anderen erschienen beim renommierten Blue Note-Label. Dort hat man schon lange den Anspruch, nah am Puls der Zeit zu sein, ohne die großen Traditionen aus dem Auge zu verlieren. Joel Ross, inzwischen Ende 20, wurde schnell zur Idealbesetzung. Dazu trugen genauso seine Gastspiele in Bands und Projekten anderer bei.
Wenn Good Vibes den Blues spielen, geht es nicht einfach um klassische Formen. Vor allem der emotionale und spirituelle Gehalt des Blues bildet für den Vibes-Meister aus Brooklyn den roten Faden. Während der Pandemie hatte sich Ross intensiver mit der großen afroamerikanisch geprägten Bluestradition auseinandergesetzt. Seine Erkenntnisse und Entdeckungen flossen in neue Kompositionen ein. Dabei war ihm wichtig, seinem bisherigen Weg treu zu bleiben und im Austausch mit den Bandkollegen etwas Eigenes zu entwickeln. Ein wichtiger Aspekt der Gruppe ist das improvisatorisch offene Miteinander auf Augenhöhe. So trägt auch das Material von „nublues“ ganz und gar seine Handschrift.
Joel Ross stammt aus Chicago. Schon als kleiner Junge lernte er Schlagzeug, später kam er über das Xylophon zum Vibraphon. Eine wichtige Station seiner Ausbildungsjahre wurde ein auf Jazz spezialisiertes Musikinstitut der University of the Pacific in Kalifornien. Entscheidenden Einfluss hatte Top-Vibraphonist Stefon Harris. Mit dem Wechsel nach New York City eröffneten sich Joel Ross zahllose Spielmöglichkeiten und Kontakte. Die Liste derer, mit denen er gespielt hat, umfasst klingende Namen wie Wynton Marsalis, aber auch jüngere, im zeitgemäßen stilistischen Crossover heimische wie Makaya McCraven und Kassa Overall. Seine Bremen-Premiere bestreitet Joel Ross in bewährter Besetzung mit Jeremy Corren (p), Kanoa Mendenhall (b) und Jeremy Dutton (dr).