FOTO: © Thomas Aurin

Jüdischer Salon

Das sagt der/die Veranstalter:in:

Was hat denn Antisemitismus mit den Juden zu tun?
Wie „Antisemitismus“ instrumentalisiert wird.

Mit: Eva Menasse und Mariam Lau

Antisemitismus ist ein wunderbares Allzweck-Instrument, ein bisschen wie der Ma(g)gie Würfel. Sobald ein Stück davon in ein Gericht gemischt wird, werden alle Zutatennuancen übertönt und es schmeckt einfach nur noch vertraut. Comfort food!

Antisemitismus passt immer, um jemand zu diskreditieren, am liebsten nach links.

Was haben Juden mit der Bayrischen Aiwanger-/Söder-Problematik zu tun?

Mariam Lau sagt, im berühmten Flugblatt sei nicht einmal das Wort „Jude“ geschrieben, das Blatt aber wohl ein Nazipamphlet.

Ist das Nazitum nur für Juden eine Bedrohung? Betrifft es nicht unsere ganze Gesellschaft?

Dass Juden dann angerufen werden, um Herrn Aiwanger seine Jugendsünde zu verzeihen, ist Hohn und zynisch. Eine Instanz zur Absolution? Und es macht eine neue Falle auf: verzeihen sie nicht, dann ist der/diejenige das Opfer und die Juden die Täter.

Wichtige Debatten werden schnell mit dem Vorschlaghammer „Antisemitismus“ im Keim erstickt. Sie müssen aber geführt werden, um der Angst, der Instrumentalisierung eines Antisemitismus, der nicht mal weiß, was Juden sind – und dem Alarmismus – zu begegnen. Kommt fast einem Wunschdenken gleich, wenn schon jetzt für viele klar ist, dass die AfD Mehrheiten bei den kommenden Wahlen erringen wird?

Wir freuen uns sehr, dass sich Eva Menasse und Mariam Lau bereit erklärt haben, unserer Einladung zu folgen und miteinander über diese Themen zu diskutieren.

 

Eva Menasse, Autorin Journalistin u.a. für die Zeit.

Geboren 1970 in Wien, begann als Journalistin und debütierte im Jahr 2005 mit dem Familienroman »Vienna«. Es folgten Romane und Erzählungen (»Lässliche Todsünden«, »Quasikristalle«, »Tiere für Fortgeschrittene«), die vielfach ausgezeichnet und übersetzt wurden. Preise (Auswahl): Heinrich-Böll-Preis, Friedrich-Hölderlin-Preis, Jonathan-Swift-Preis, Österreichischer Buchpreis, Bruno-Kreisky-Preis, Jakob-Wassermann-Preis und das Villa-Massimo-Stipendium in Rom. Eva Menasse betätigt sich zunehmend auch als Essayistin und erhielt dafür 2019 den Ludwig-Börne-Preis. Ihr letzter Roman »Dunkelblum« war ein Bestseller und wurde in neun Sprachen übersetzt. Sie lebt seit über 20 Jahren in Berlin.

Mariam Lau, Redakteurin im Ressort Politik, DIE ZEIT, Schwerpunkt: CDU Innenpolitik

Geboren in iranischen Teheran 1962. Umzug der Familie nach Deutschland 1965, erst Tübingen, dann Berlin. Zunächst Krankenschwester gelernt und bis 1987 begeistert praktiziert, dann ein paar Jahre Nachtschichten und Erwachsenenkolleg. Studium der Amerikanistik in Berlin und Bloomington im US-Bundesstaat Indiana. Danach lange Jahre bei der “taz”, erst als Kulturredakteurin, dann als Ressortleiterin. Von 1997 bis 2003 als Freie für die “Welt” gearbeitet – drei Töchter geboren. Ab 2003 bei der “Welt” Ressortleiterin Meinung. Seit Mai 2010 in der Politikredaktion der ZEIT.

Trotz seiner tiefen Einschreibung in die Moderne beansprucht der Antisemitismus immer wieder den Platz eines Phantoms oder einer Metapher im Kopf, selbst wenn er einem unter die Nase gerieben wird; als wäre er durch eine hartnäckige Gedächtnisstörung vom Bewusstsein abgeschirmt. Mir kommen die Worte von Sigmund Freud in den Sinn, als er zum ersten Mal vor der Akropolis stand: »Das alles existiert also wirklich, so wie wir es in der Schule gelernt haben!« (Freud, 1936).

Die Realität von Antisemitismus wird oft von Zweifeln begleitet oder kurzzeitig, am besten im Nachhinein, als Relikt aus der Vergangenheit erkannt, ja als etwas, das man »in der Schule gelernt« hat. Können die Ereignisse des 7. Oktober 2023 neue Perspektiven für manche seelische und gesellschaftliche Funktionen dieses Phänomens verschaffen? Weist der zeitgenössische Juden Hass auf eine neue Form von individuellen und kulturellen hyper-technologischen Nicht-Wissen-Wollen hin?

Eran Rolnik ist Psychoanalytiker, Psychiater und Historiker. Dozent an der Tel-Aviv Universität und Ärztlicher Direktor des Office for Personal Compensation from Germany. In Israel ist er für sein beharrliches Engagement bekannt, die Öffentlichkeit für den Wert psychoanalytischen Denkens zu sensibilisieren, insbesondere für das Verstehen der sozialen und politischen Realität. Seine Artikel erscheinen in der Haaretz. Angesichts der internationalen Reaktionen auf den 7. Oktober kritisierte er die Unfähigkeit vieler Linker, auf die Gräueltaten der Hamas emotional und moralisch adäquat zu reagieren. Anfang November 2023 sorgte er für Aufsehen, als er in einem offenen Brief publik machte, aufgrund seiner kritischen Artikel über Benjamin Netanjahu von der National Service Commission verhört worden zu sein. Seine Studie Freud auf Hebräisch. Geschichte der Psychoanalyse im jüdischen Palästina (Vandenhoeck & Ruprecht, 2013) wurde in zahlreiche Sprachen übersetzt; zuletzt erschien Redekur – Psychoanalyse verstehen (Brandes & Apsel, 2023).

Location

Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz Linienstraße 227 10178 Berlin

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