Vortrag und Gespräch mit Dorothee Wimmer
Warum propagierte der Kunsthistoriker Langbehn 1890 die Erneuerung Deutschlands durch Rembrandt? Welche Netzwerke steckten zudem mit welcher Zielsetzung hinter dieser Publikation “Rembrandt als Erzieher”, die zum Bestseller und Kultbuch avancierte – und dies, obwohl dieses populäre Buch nationalistische und antisemitische Züge trug und ein nicht geringer Teil der zeitgenössischen Sammlerinnen und Sammler jüdischer Kultur war? Inwiefern nahm auch Hitlers politisch-ideologische Programmschrift “Mein Kampf”, die er nach seinem gescheiterten Putsch gegen die Weimarer Republik in zwei Teilbänden zwischen 1924 und 1926 schrieb, Anklänge an Langbehns Kultbuch? Und warum sollte dann gerade dieser niederländische Künstler des 17. Jahrhunderts 1937 auf der „Ersten Tagung deutscher Museumsdirektoren“ zum „entarteten Ghetto-Künstler“ erklärt werden? Mit diesen Fragen im Fokus geht der Vortrag den Dynamiken und Hintergründen des Rembrandt-Kultes der Jahre 1890 bis 1945 in Deutschland nach.
Kurz-Biografie
Dorothee Wimmer ist Direktorin des Forums Kunst und Markt an der TU Berlin und Mitherausgeberin des Journal for Art Market Studies. Nach einem Studium der Kunstgeschichte, Romanistik, Geschichte und Germanistik in Freiburg i. Br., Paris und Berlin hat sie an der FU Berlin über das Menschenbild in der französischen Kunst, Literatur und Philosophie um 1960 promoviert (“Das Verschwinden des Ichs”, Reimer 2006). Seit 2004 lehrt sie an Universitäten in Bremen, Berlin und Heidelberg, aktuell an der TU Berlin; von 2011 bis 2017 war sie zudem Vorsitzende der Richard-Schöne-Gesellschaft für Museumsgeschichte e.V. (“Museen im Nationalsozialismus”, ed. with Tanja Baensch and Kristina Kratz-Kessemeier, Böhlau 2016). Sie forscht und publiziert zu den Spannungsfeldern und Dynamiken zwischen Kunst, Politik, Recht und Ökonomie sowie zu „Rembrandt im Nationalsozialismus“.
Vollständige Creditline:
Links: Betender Greis, in: Wilhelm Reinhold Valentiner (Hg.). Rembrandt: Des Meisters Gemälde in 643 Abbildungen / mit einer biographischen Einleitung von Adolf Rosenberg, 3. Aufl., Klassiker der Kunst 2, Stuttgart/Leipzig: Deutsche Verlagsanstalt, 1909, S. 459. | Rechts: Hermann Göring beim Lesen in dieser Rembrandt-Publikation Valentiners im Musée du Jeu de Paume, neben ihm Bruno Lohse (Ausschnitt), AMN, O30-438, Courtesy: Paris, Archives des Musées Nationaux