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Bald nach dem Scheitern der Revolution von 1848 schrieb der politische Flüchtling Richard Wagner seinen LOHENGRIN: eine Oper über einen Helden, der vergeblich versucht, ein zerstrittenes Volk zu befrieden. Kasper Holten lässt in seiner Inszenierung bewusst offen, ob dieser Anführer mit lauteren Mitteln kämpft ... Dirigent: Ivan Repušić; Regie: Kasper Holten; Mit Byung Gil Kim, Attilio Glaser, Flurina Stucki, Jordan Shanahan, Nina Stemme, Dean Murphy u.a.
Zum StückZur Zeit der Herrschaft König Heinrichs I. kommt dieser nach Brabant, um Gerichtstag zu halten und die Edlen zur Heerfolge anzuhalten. Doch seit dem Tode des Herzogs von Brabant besteht Streit über dessen Nachfolge. Seine Kinder Elsa und Gottfried sind dem Grafen Friedrich von Telramund anvertraut. Gottfried aber ist verschwunden, und Elsa wird von Telramund des Brudermordes verdächtigt. Da Elsa schweigt, soll ein Zweikampf zwischen dem Kläger und einem für Elsa streitenden Ritter entscheiden. Und tatsächlich erscheint ein Ritter auf einem Schwan, um für Elsa zu streiten. Er will sie zur Frau nehmen, stellt jedoch die Bedingung, dass sie niemals nach seinem Namen und seiner Herkunft fragt. Elsa willigt ein, und der Ritter besiegt Telramund.
Ortrud, die Tochter des letzten Friesenfürsten Radbod und Gemahlin Telramunds, die ihrem Mann die falschen Anschuldigungen gegen Elsa nur deswegen zugetragen hatte, um ihre alte Macht wieder zu erlangen, versucht die bevorstehende Hochzeit von Elsa und dem Fremden zu verhindern und Misstrauen im Herzen der jungen Frau zu wecken. Elsa jedoch hält zu ihrem Geliebten und lässt sich nicht dazu verleiten, die verbotene Frage zu stellen. Endlich allein im Brautgemach, quält sie aber doch die ungeklärte Identität ihres Mannes. Sie möchte ihren Geliebten wenigstens beim Namen nennen dürfen. Unter Beschwörungen, es niemandem zu sagen und sein Geheimnis zu wahren, stellt sie letztendlich doch die verbotene Frage nach seinem Namen. Telramund dringt mit Edelleuten in das Brautgemach ein und wird von dem Ritter niedergestreckt. Daraufhin klagt der Fremde Elsa öffentlich des Treuebruchs an. Er verkündet, dass er Lohengrin, ein Ritter des Grals und Sohn Parsifals, sei. Da sein Geheimnis nun gelüftet sei, müsse er gehen. Ortrud glaubt sich schon am Ziel ihrer Machenschaften, als plötzlich Gottfried, Elsas Bruder auftaucht. Ortrud hatte Gottfried entführt und verzaubert. Lohengrin ernennt Gottfried zum neuen Thronerben, und der Schwan trägt Lohengrin wieder mit sich fort. Elsa sinkt mit gebrochenem Herzen zu Boden.
Der 1850 uraufgeführte LOHENGRIN war lange Zeit Wagners weltweit erfolgreichste Oper. Dass gerade dieses Werk bis heute zahlreiche, denkbar unterschiedliche szenische Deutungen erfahren hat, liegt sicher auch daran, dass LOHENGRIN neben der tragischen Liebesgeschichte zwischen Elsa und dem Schwanenritter gesellschaftliche und politische Fragen von bis heute ungebrochener Relevanz thematisiert: Die Sehnsucht eines zerrütteten Volks nach einer charismatischen Führerfigur, aber auch das Scheitern der Utopie an der menschlichen Natur.
Zur InszenierungSpielt der Schwanenritter ein falsches Spiel? Ist Lohengrins Heldentum nur eine Pose? In seiner Inszenierung stellt Kasper Holten schon zu Beginn deutlich die Notsituation eines leidenden Volkes heraus, das sich nach einem Erlöser sehnt – und wie oft in der Geschichte gibt es auch in Wagners romantischer Oper jemanden, der dieses Bedürfnis ausnutzt und sich als neue Leitfigur in Szene setzt. Nicht nur Elsa, sondern auch das brabantische Volk überzeugt der neue Heilsbringer – auch wenn er seinen Widersacher mit durchaus fragwürdigen Methoden niederringt.