Die Jahrzehnte des Booms nach dem Zweiten Weltkrieg waren geprägt von einer ungebremsten Fortschrittsgläubigkeit, verbunden mit günstiger Verfügbarkeit von Baumaterial und Arbeitskraft, was zu tiefgreifenden Veränderungen in Architektur und Bauwirtschaft führte. Neben der beispiellosen Produktion von Wohnraum erlebte diese Zeit eine massive Bautätigkeit in allen Bereichen, vor dem Hintergrund des „Bildungsschocks“ ab den 1960er Jahren nicht zuletzt auch im Hochschulbau.
Ein Mittel der Wahl, um die immense Nachfrage nach Neubauten schnell und effizient zu befriedigen, wurde der Systembau. Die Vorfabrikation, bereits in der Zwischenkriegszeit zum Credo des Neuen Bauens geworden, hielt nun endgültig Einzug in die tägliche Baupraxis. Das Bauen wurde rationalisiert, Bauteile im Werk oder auf der Baustelle vorfabriziert. Bausysteme wurden modular und somit offen, erweiterbar und flexibel angelegt.
Das Ingenieurwissenschaftliche Zentrum (IWZ) in Deutz mit seinem markanten Hochhaus ist in zweierlei Hinsicht ein Repräsentant seiner Erbauungszeit: Erstens ein Systembau, realisiert im Hochschulbausystem NRW 75. Zweitens ein Leuchtturmprojekt der Demokratisierung von Bildung, erbaut auf der immer schon schief angeschauten rechten Seite des Rheins nahe den großen, bald schon in die Krise geratenen Industriearealen.
Doch die Standardlösung, die vor gerade mal einem halben Jahrhundert eine schöne neue Zukunft versprach, ist allgemein heute in Bedrängnis geraten. Systembauten dieser Generation sind Gegenstand des ästhetischen Unbehagens, und es stellt sich mancherorts heraus, dass sie nicht ganz so flexibel sind wie ursprünglich gedacht – wohl auch deshalb, weil sich Ansprüche (und Anspruchsdenken) verändert haben. Gleichzeitig aber sind diese Bauten robust, vielfältig codierbar, und sie sind schlicht und ergreifend: schon gebaut.
Was also sind die Zwänge der Systembauten dieser Zeit, und welche Probleme entstehen daraus? Welche Potenziale liegen aber auch in der Standardlösung, die mit ihnen gefunden wurde? Und muss vielleicht die Wahrnehmung dieser Bauten selbst verändert werden, um deren Potenziale und die in ihnen eröffneten Chancen sichtbar zu machen?
Diesen und weiteren Fragen werden wir an diesem fünften Abend des architectural tuesday nachgehen.
. Prof. Dr. Sonja Hnilica, Baugeschichte und Architekturtheorie, TU Dresden
Podium:
. Merlin Bauer, Aktions- und Konzeptkünstler, Initiator von „Liebe deine Stadt“
. Prof. Dr. Rainer Schützeichel, Architekturtheorie TH Köln
. Leonie Pfistner und Lorenz Hopen, Studierende der Mastervertiefung Strategien des Entwerfen und Konstruierens
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