Nefes ist ein Atemzug, eine Stimme, ein Lied, ein individueller Ausdruck, eine nacherzählte Geschichte, das Bekenntnis zu einer Gruppe, ein Chor, eine gemeinsame Erfahrung, eine mehrstimmige Äußerung. Es ist ein choreografisches Stück, das von alevitischen Glaubensvorstellungen und Praktiken inspiriert ist. Nefes bedeutet auf Türkisch Atem. In der alevitischen Kultur bezeichnet Nefes auch ein gesungenes Gedicht, das von Musiker*innen bei Zeremonien und Versammlungen vorgetragen wird. Nefes sind das einzige Mittel, um alevitische Lehren, schmerzhafte Geschichte und verschwiegene Identität von Generation zu Generation weiterzugeben. Sie gelten als heilig, da sie dem alevitischen Volk und seinem Erbe eine Stimme verleihen.
In der Performance wird die Körperlichkeit der Stimme zu einer Möglichkeit, sich innerhalb einer Gruppe und der Umgebung zu verorten. Sie wird zu einer Strategie der Beziehung, der Reaktion, der Neugestaltung und der Koexistenz. Eine Kraft, die gemeinsame Erfahrungen und Räumeschafft – ästhetisch, physisch und imaginativ. In der Arbeit werden vertraute Bedeutungen und Assoziationen durch physische Resonanzen verdrängt: Klanglandschaften, Stimmen, Bewegungen und Körper suchen nach gemeinsamen Räumen zwischen Stimmung, Disharmonie, Verstärkung, Unterdrückung und Komplementarität. Affektive Umgebungen, die von der Haut wahrgenommen, von den Augen gehört und von den Ohren gesehen werden, verunsichern, erfreuen, beruhigen und berühren tief.
Dauer: 50 Min.
Nach Abschluss ihrer Tanzausbildungen in Frankreich (essais am CNDC in Angers und ex.er.ce am CCN in Montpellier), absolvierte Özlem Alkış ihren Master in Tanzvermittlung im zeitgenössischen Kontext an der Hochschule für Musik und Tanz Köln. Sie erhielt Stipendien in der Sektion Darstellende Kunst der Akademie der Künste der Welt in Köln (2016) und der Akademie der Künste in Berlin (2015). In ihren Arbeiten, zuletzt in der Serie Reverbs, ebenfalls koproduziert durch das tanzhaus nrw, beschäftigt sie sich immer wieder mit Resonanz – als soziales, musikalisches und physisches Phänomen und damit, wie Bewegung Wahrnehmungen verändern kann und Einblicke in die Gesellschaft eröffnet.
Fr 31.01. | im Anschluss Talk im Foyer
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