Geschichtsschreibung war jahrhundertelang ohne große Persönlichkeiten undenkbar. Die Taten großer Könige, Kaiser und ihrer Feldherren wurden in hymnischen Texten besungen. Erst seit einigen wenigen Jahren – viel zu spät – wurden auch die großen Protagonistinnen der Geschichte in den Kanon mit aufgenommen. Die Leistungen jener „Helden“ und „Heldinnen“ wären allerdings nicht möglich gewesen, wenn nicht ein Heer von Ungenannten für sie gekämpft oder malocht hätte. Eine Gruppe wurde dabei immer sträflich vernachlässigt: Die Tiere.
Sie arbeiteten sich in den Zechen zu Tode, starben millionenfach auf den Schlachtfeldern und dienten den Mächtigen zugleich als Schoßhund. Dabei zerstörten die Menschen – fast nebenbei – die Lebensgrundlagen der vermeintlich schwächeren Lebewesen. Längst ist es Zeit für einen Perspektivwechsel. Denn aus der Masse der namenlosen Kreaturen ragen einige Wesen hervor, die durch ihre Leistungen teilweise noch Jahrhunderte später von sich reden machen.
Diese tierischen Typen machen den Unterschied. Der Beluga-Wal im Rhein ist so eine schillernde Persönlichkeit. Er hatte sich im Frühjahr 1966 aus der Nordsee in den Strom aufgemacht und erreichte am 18. Mai des Jahres erstmals Duisburg. Hier schwamm er nahe an der Wasseroberfläche und führte den Schaulustigen am Ufer die Umweltzerstörung durch die Schwerindustrie vor Augen: Das weiße Tier war über und über mit dunklem Altöl bedeckt. Es begann eine gnadenlose Jagd auf den Wal. Mit Betäubungspistolen, Netzen und sogar mit Pfeil und Bogen versuchte man seiner habhaft zu werden. Als Vorwand diente die durch menschliches Handeln ausgelöste Umweltkatastrophe im Rhein: Weil die Verschmutzungen tierisches Leben dort unmöglich gemacht hatten, fehle es dem Beluga an Nahrung. Stattdessen sollte er eine neue „Heimat“ im Zoo erhalten. Allerdings ging der Plan nicht auf und „Moby Dick“ gelangte am 16. Juni wieder ins offene Meer.
Die Ausstellung „Tierische Typen“ im KSM Duisburg möchte den Blickwinkel auf die Tiere ändern. Anhand großer Persönlichkeiten aus dem Tierreich soll das menschliche Handeln durch die Jahrhunderte reflektiert werden. Die starre Grenze von Natur und Kultur wird aufgelöst. Deutlich wird: Ohne die Tiere hätten wir längst unsere Erdung verloren.