Der Wulsdorfer Friedhof wurde 1871 für die Verstorbenen der Stadtgemeinde Bremerhaven außerhalb der Stadtgrenze auf preußischem Staatsgebiet angelegt. Die Einwohnerzahlen stiegen in Bremerhaven damals stark an, und das seit 1827 verbriefte Recht der Bremerhavener Bürger, sich in der Nachbargemeinde Lehe bestatten zu lassen, war inzwischen nichtig geworden. Aus hygienischen, aber auch aus bodengeologischen Gründen verbot sich eine Neuanlage auf dem begrenzten Stadtgebiet Bremerhavens. Die Anlage des neuen Friedhofs außerhalb des Bremischen Hoheitsgebiets erforderte die Zustimmung höchster politischer Kreise in Preußen, für die die Vorstände von sechs Bremer Kranken- und Sterbekassen 1869 in einer Bittschrift an den Fürsten Bismarck geworben hatten.°
Der Gartenarchitekt Wilhelm Benque entwarf den Wulsdorfer Friedhof im landschaftlichen Stil als einen sogenannten "Parkfriedhof", bei dem geschwungene Wege, locker gruppierte Baumgruppen und das Prinzip der Asymmetrie wichtige Gestaltungsmerkmale sind. Als Parkfriedhof steht der Wulsdorfer Friedhof entwicklungsgeschichtlich sogar noch vor dem sechs Jahre später errichteten, weitaus bekannteren, ersten Städtischen Zentralfriedhof in Hamburg-Ohlsdorf, der ebenso wie der Bremerhavener Friedhof in Wulsdorf zu den frühen Beispielen der nicht konfessionell gebundenen, von der Kommune errichteten Friedhöfe zählt.°
Wilhelm Benque strebte mit seinem Entwurf nicht die ökonomisch beste Ausnutzung der zur Verfügung stehenden Fläche, sondern die Einbettung der Grabstellen in eine abwechslungsreiche Parklandschaft an. Auch wenn die lange Nutzungsgeschichte mit einer ständigen Neubelegung der Grabstellen und einer Verdichtung ehemals nicht belegter Bereiche Eingriffe in die ursprüngliche Parkstruktur vorgenommen hat, sind doch anhand großer Solitärbäume und der erhaltenen Wegeführung wichtige Elemente erhalten worden. Einen Eindruck der ursprünglichen Intention Benques erhält man heute am besten im Bereich von Feld 18, in das 1919 das Kriegerdenkmal zu Ehren der Gefallenen des Ersten Weltkriegs integriert wurde.°
Da man sich in Wulsdorf auf preußischem Staatsgebiet befand, musste man sich den preußischen Regelungen im Bau- und Gesundheitswesen unterordnen. Schon die Aufsicht über den Leichenzug von Bremerhaven nach Lehe hatte den preußischen Behörden und Beamten unterlegen - nun musste Rücksicht genommen werden auf die Ankunft und Abfahrt der Züge am alten Geestemünder Bahnhof, der sich damals in der Klußmannstraße (Bahnhofsallee) befand. Aus diesem Grunde errichtete die Stadt Bremerhaven schon zwei Jahrzehnte nach der Eröffnung des Friedhofs 1888 eine Kapelle auf dem Wulsdorfer Friedhof, die der begabte Neugotiker Louis Löschner, der zuvor schon die Bürgermeister-Smidt-Gedächtniskirche in der Nachfolge Simon Loschens vollendet hatte, entworfen hatte und nun als einen würdevollen Auftakt in die Friedhofsanlage integrierte. Im hohen Sockelgeschoß der Kapelle befindet sich eine Leichenhalle, in der die Verstorbenen zwischen dem Zeitpunkt ihres Todes und der Beerdigung seither aufgebahrt werden konnten und mit deren Einrichtung die ungeliebten Leichenzüge durch das Stadtgebiet endeten. Nach dem Ersten Weltkrieg errichtete das Stadtbauamt Bremerhaven dann 1919-20 noch ein Wohnhaus für den Gärtner an der Weserstraße nach Entwürfen des Stadtbaurats Julius Hagedorn. Das neue Haus am Haupteingang übernahm auch die Funktion einer Wartehalle und integrierte einen Laden sowie öffentliche Toiletten für die Besucher. Ähnlich wie die Kapelle ein beeindruckendes und zugleich qualitätvolles Werk des Historismus ist, gehört auch das Gärtnerhaus, monumental in der Erscheinung, vorzüglich in der Durchbildung der Fassaden und vornehm in der zurückhaltend klassizistischen Dekoration, zu den besten der erhaltenen Zeugnisse seiner Epoche in Bremerhaven.°
Die Friedhofsfläche ist mehrmals vergrößert worden. Zunächst wuchs mit der flächenhaften Ausdehnung der Stadt Bremerhaven auch der Friedhof in Wulsdorf mit Erweiterungen in den Jahren um 1900 (Abt. 19-22) und in den 1920er Jahren (Abt. 23-29) an der nördlichen Flanke. Damit wurde der ältere Teil abgeschlossen, der nun Gegenstand des Schutzguts sein soll. Die Abteilungen 30-32 kamen noch in den Jahren 1967 und 1978 hinzu.
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