FOTO: © © Samuel Henne "untitled (bronze age no more #01)", from, "hand to hand" 2019-2023, © Studio Parat

Samuel Henne HAND TO HAND – ZERO FOLD

Das sagt der/die Veranstalter:in:

Samuel Henne
hand to hand
(please find English version below)

Kjubh Kunstverein e.V. www.kjubh.de
Dasselstraße 75, 50674 Köln
Laufzeit 25.05.–22.06.2024
Öffnungszeiten Fr und Sa 15–18 Uhr u. n. V.

Kontakt Birgit Laskowski +49 178 8474786
Vernissage Freitag, 24 05.2024, 18–21 Uhr
Finissage Samstag, 22.06.2024, 15–18 Uhr, Beginn Künstlergespräch 16 Uhr

In der Ausstellung hand to hand von Samuel Henne im kjubh scheint alles in eine so subtile wie unumstößliche Ordnung gebracht. Diese bezieht die Betrachtenden immersiv mit ein und weist ihnen als bewegliche Objekte im Raum eine Rolle im Transfer zwischen den einzelnen Partien der Installation zu. Die Exponate, gerahmte Fine Art Prints und Polaroids in tiefen Holzrahmen, die ihnen objekthaften Charakter verleihen, sind mittels partieller, stark kontrastierender Wandbemalungen in eine Inszenierung gebracht, die die fensterlosen Raumzonen rhythmisiert.
Mit dem Medium der Farbe werden die teils kuriosen architektonischen Besonderheiten des Raums hervorgehoben, dessen skulpturale Aspekte betont und gleichsam „benutzt“, um die zweidimensionalen Werke in eine dritte Dimension zu überführen. In Umkehrung erfahren innerhalb der Arbeiten lose verteilte dreidimensionale Versatzstücke in der anschließenden Überführung ins Bild eine Rückbindung auf die Fläche. In den Bildern finden sich mit penibelster Sorgfalt zu scheinbar maximaler Zufälligkeit arrangierte plastische Formen, Screenshots, Fotoreproduktionen, flache wie gerollte Papierbögen, die innerhalb des Bildraums wiederum mit sorgfältig austarierten Farbsetzungen in eine Art Display eingefügt sind. Zugrunde liegt diesen Arbeiten eine perfektionistische Detailplanung, ein minutiös durchdachter Bildaufbau über Wochen im Studio, um am Ende eine möglichst beiläufige und spontane Wirkung zu erzielen. Bei näherer Betrachtung lösen sich dabei alle vermeintlich festen räumlichen wie inhaltlichen Bedeutungsebenen auf und es offenbart sich eine inhaltliche Vielschichtigkeit in den Bildern, die gängige Verortungen und Vereinnahmungen insbesondere im Kontext musealer Setzungen und didaktischer Erklärungsmuster infrage stellt: Welche Mechanismen liegen der Konstruktion von Bildern generell und der eigenen künstlerischen Bildgenese zugrunde?
In früheren Arbeiten interessierte Henne u. a. das bewegte Bild; die Konstruktion von bildlich-szenischen Momenten und Befragung an Räumlichkeit hat ihn von dort zum Medium der Fotografie geführt. Dieses erlaubt dem Künstler Anknüpfungspunkte an Malerei und Skulptur, insbesondere in der anschließenden Überführung der fotografischen Arbeiten in ein räumliches Setting. Das Bild wird aus dem eigenen Rahmen in einen erweiterten Rahmen des faktischen Raums transferiert, in eine Korrespondenz zwischen dem Bildraum der Arbeiten und dem Ausstellungsraum gebracht. So kommt es zu einer Einflussnahme und wechselseitigen Beeinflussung durch bestimmte Anordnungen, wie eben auch die fotografische Dokumentation selbst immer auch schon eine Interpretation impliziert, die dem Gezeigten nicht unbedingt immanent ist. Samuel Henne beschreibt sein Vorgehen als Versuch der „Umwanderung“ des Objekts mit der Fotografie, auf der Basis seiner intensiven Beschäftigung mit Publikationen und Dokumentationen von Skulptur durch Fotografie und seiner Reflexion über die Möglichkeiten und Grenzen der Wiedergabe dreidimensionaler Schöpfungen mittels Fotografie.
Die Werkreihe hand to hand (2019-2023) mündet in variierenden Ausstellungssetzungen in unterschiedliche Arrangements ihrer Bestandteile, die immer wieder in modularer Komposition an die jeweiligen Präsentationsumfelder angepasst und modifiziert werden. Das serielle „Abarbeiten“ einer Thematik oder Idee führt den Künstler zur stetig präziseren Bewusstwerdung und Kontrolle der bildgebenden Parameter.  Kernthema ist die Reproduzierbarkeit des manifesten Arte“fakt“es in unterschiedlichen Medien von der Replik über die fotografische Abbildung bis hin zu seiner Digitalisierung und dreidimensionalen Rekonstruktion.

Bei einer Präsentation der Werkreihe im Kunstverein Göttingen wurden die Arbeiten im wortwörtlichen Sinne in der Shifts &Tilts betitelten Ausstellung mittels der Farbgestaltungen der Wände in Verschiebungen und in Kippungen ihrer Bedeutungszuordnungen gebracht. In ähnlicher Weise versetzt Henne auch in der im kjubh gezeigten Arbeit untitled (Bronze age no more) herkömmliche Zuweisungen von Original und Kopie in Bewegung, ausgehend von der Auguste Rodin zugeschriebenen Plastik einer Hand mit dem Titel Hand of God (entstanden 1896–1902). Die Bronze, die als Artefakt in verschiedenen Bildern der Serie hand to hand immer wieder auftaucht, zeigt einen Abguss von Rodins Hand, den sein Assistent abgenommen hat, ist also keine „Skulptur“ des Künstlers im eigentlichen Sinne. Diese hält einen von Rodin modellierten weiblichen Torso und so fließen Replik und Original in untrennbarer Weise ineinander. Dennoch wird die Skulptur als Werk Rodins geführt und dekonstruiert diese Zuschreibung eigentlich schon im Entstehungsprozess durch die gleichzeitige Zurücknahme wie Behauptung von Autorenschaft. Der hier transportierte männlich-patriarchalische Schöpfungsmythos erscheint umso fragwürdiger, als es deutliche Indizien gibt, dass Rodins Lebensgefährtin, die Künstlerin Camille Claudel, „hand to hand“ an zahlreichen seiner Werke mitgearbeitet hat. Henne erweitert den komplexen Zuschreibungskontext noch um eine Ebene, indem er eine Bronze-Kopie dieser Plastik „nach Rodin“ im Internet erwirbt, deren pseudo-wertige Bronze-Patina mit einem Überzug aus dunkelblauem Plastikspray tilgt und nun dieses an Pop-Art erinnernde Objekt in ein neuerliches Setting überführt. Dort hält eine weibliche Figur nun wiederum das männliche „Werkzeug des Geistes“ mit dem Torso in ihrer Hand. So verschieben sich die genderspezifischen Zuweisungen von Genius und Schöpfertum und vollzieht sich assoziativ eine „Übergabe des Staffelstabes“ zwischen Geschlechtern, klassischen künstlerischen Methoden sowie analogen und digitalen Bildererzeugungsmedien und -verfahren ohne festgelegte Richtung.

Birgit Laskowski

Auch zum Austausch „hand to hand“ zwischen freien Ausstellungsräumen verschiedener Städte von ZERO FOLD aus Hannover in den kjubh nach Köln eingeladen, wird Samuel Henne in einem Artist Talk über die Ausstellung mit der Kuratorin Birgit Laskowski auch das Verhältnis der eigenen künstlerischen Arbeit zu seinen Aktivitäten als Projektraum-Betreiber und Herausgeber künstlerischer Publikationen beleuchten.

Samuel Henne (*1982), studierte an der Hochschule für Bildende Künste in Braunschweig und schloss als Meisterschüler von Prof. Dörte Eißfeldt ab. Neben Einzelausstellungen u.a. im Kunstverein Hannover; Münchner Stadtmuseum; Deutsches Haus der New York University, nahm er an zahlreichen institutionellen Gruppenausstellungen teil, u.a. im NRW-Forum, Düsseldorf; den Deichtorhallen, Hamburg und dem Goethe Institut Washington. Hennes Arbeiten sind mehrfach ausgezeichnet worden, u.a. mit dem einjährigen Residenzstipendium am International Studio & Curatorial Program (ISCP) in New York und dem Preis des Kunstverein Hannover (Atelierstipendium Villa Minimo) und zuletzt dem Stipendium der Stiftung Kunstfonds (2024). Seit 2016 ist Henne Betreiber und künstlerischer Leiter des ad/ad – Project Space in Hannover (www.instagram.com/adadprojectspace) und Palm Press Publishing, dem Publikations-Imprint von ad/ad. Neben weiteren Projekten war Henne 2022 Initiator und Mitorganisator des The Shelf – Art Book Festival, das in Kooperation mit dem Sprengel Museum Hannover realisiert wurde.



Samuel Henne
hand to hand

In the exhibition hand to hand by Samuel Henne at kjubh, everything seems to be arranged in an order that is as subtle as it is irrevocable. This involves the viewers immersively and assigns them a role as moving objects in the space in the transfer between the individual parts of the installation. The exhibits, framed fine art prints and Polaroids in deep wooden frames that lend them an object-like character, are staged by means of partial, strongly contrasting wall paintings that give rhythm to the windowless spatial zones.

The medium of color is used to highlight the partly curious architectural features of the space, emphasizing its sculptural aspects and "using" them, as it were, to transfer the two-dimensional works into a third dimension. Conversely, loosely distributed three-dimensional set pieces within the works experience a reconnection to the surface in the subsequent transfer to the picture. The pictures contain sculptural forms, screenshots, photo reproductions, flat and rolled sheets of paper, arranged with meticulous care to seemingly maximum randomness, which in turn are inserted into a kind of display within the pictorial space with carefully balanced color settings.

These works are based on a perfectionist planning of details, a meticulously thought-out image composition over weeks in the studio in order to achieve the most casual and spontaneous effect possible in the end. On closer inspection, all supposedly fixed spatial and content-related levels of meaning dissolve and a complexity of content is revealed in the pictures, which questions common localizations and appropriations, especially in the context of museum settings and didactic explanatory patterns: What mechanisms underlie the construction of images in general and the artist's own image genesis?
In earlier works, Henne was interested in the moving image, among other things; the construction of pictorial-scenic moments and the questioning of spatiality led him from there to the medium of photography. This allows the artist points of reference to painting and sculpture, especially in the subsequent transfer of the photographic works into a spatial setting. The image is transferred from its own frame into an extended frame of the factual space, brought into a correspondence between the pictorial space of the works and the exhibition space.

This results in an influence and reciprocal influence through certain arrangements, just as the photographic documentation itself always implies an interpretation that is not necessarily intrinsic to what is shown. Samuel Henne describes his approach as an attempt to "wander around" the object with photography, based on his intensive engagement with publications and documentation of sculpture through photography and his reflection on the possibilities and limits of reproducing three-dimensional creations by means of photography. 
The series of works hand to hand (2019-2023) leads in varying exhibition settings to different arrangements of its components, which are repeatedly adapted and modified in modular composition to the respective presentation environments. The serial "working through" of a theme or idea leads the artist to an ever more precise awareness and control of the imaging parameters.  The core theme is the reproducibility of the manifest arti "fact" in various media, from the replica to the photographic image to its digitalization and three-dimensional reconstruction.
In a presentation of the work series at the Kunstverein Göttingen, the works in the exhibition entitled Shifts &Tilts were literally brought into shifts and tilts in their assignments of meaning by means of the color schemes of the walls. Similarly, in the work untitled (Bronze age no more) shown at kjubh, Henne sets conventional attributions of original and copy in motion, starting from the sculpture of a hand entitled Hand of God (created 1896-1902) attributed to Auguste Rodin. The bronze, which repeatedly appears as an artifact in various pictures in the hand to hand series, shows a cast of Rodin's hand taken by his assistant and is therefore not a "sculpture" by the artist in the true sense of the word. It holds a female torso modeled by Rodin and thus the replica and the original are inextricably linked. Nevertheless, the sculpture is presented as a work by Rodin and in fact deconstructs this attribution in the process of its creation through the simultaneous retraction and assertion of authorship. The male-patriarchal creation myth conveyed here appears all the more questionable as there is clear evidence that Rodin's partner, the artist Camille Claudel, worked "hand to hand" on many of his works.
Henne adds another layer to the complex context of attribution by acquiring a bronze copy of this sculpture "after Rodin" on the Internet, erasing its pseudo-valuable bronze patina with a coating of dark blue plastic spray and then transferring this object reminiscent of Pop Art into a new setting. There, a female figure now holds the male "tool of the spirit" with the torso in her hand. In this way, the gender-specific attributions of genius and creatorship shift and an associative "passing of the baton" takes place between genders, classical artistic methods as well as analog and digital image-generating media and processes without a fixed direction.
Birgit Laskowski

Also invited by ZERO FOLD from Hanover to the kjubh in Cologne for a "hand to hand" exchange between independent exhibition spaces in different cities, Samuel Henne will also shed light on the relationship between his own artistic work and his activities as a project space operator and publisher of artistic publications in an artist talk about the exhibition with curator Birgit Laskowski.

Samuel Henne (*1982), studied at the Braunschweig University of Art and graduated as a master student of Prof. Dörte Eißfeldt. In addition to solo exhibitions at Kunstverein Hannover; Münchner Stadtmuseum; Deutsches Haus der New York University, among others, he has participated in numerous institutional group exhibitions, including at NRW-Forum, Düsseldorf; Deichtorhallen, Hamburg and the Goethe Institute Washington. Henne's work has received numerous awards, including a one-year residency fellowship at the International Studio & Curatorial Program (ISCP) in New York and the Kunstverein Hannover Prize (Villa Minimo studio fellowship) and most recently the Stiftung Kunstfonds fellowship (2024). Since 2016, Henne has been the operator and artistic director of ad/ad - Project Space in Hanover (www.instagram.com/adadprojectspace) and Palm Press Publishing, the publication imprint of ad/ad. In addition to other projects, Henne was the initiator and co-organizer of The Shelf - Art Book Festival in 2022, which was realized in cooperation with the Sprengel Museum Hannover.

Kjubh Kunstverein e.V. www.kjubh.de
Dasselstraße 75, 50674 Cologne
Duration May 25 – June 22, 2024
Opening hours Fri and Sat 3-6 pm and on request
Contact Birgit Laskowski +49 178 8474786
Vernissage Friday, May 24, 2024, 6-9 pmFinissage Saturday, June 22, 2024, 3-6 pm, start of artist talk 4 pm

 

 

 

Ein Bild, das Text, Schrift, weiß, Reihe enthält.

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Location

KJUBH KUNSTVEREIN E.V. Dasselstraße 75 50674 Köln

Organizer

ZERO FOLD Birgit Laskowski Köln

Organizer | Sonstiges

ZERO FOLD Kunstprojekte / Ausstellungen, Artist Talks, Performances und Book Releases
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