Interview mit Flo Mega - Er ist zurück!
Anfang diesen Jahres hat der Soulsänger Flo Mega nach vier langen Jahren Pause sein neues Album "BÄMS!" veröffentlicht. Wir hatten kürzlich das Vergnügen uns mit ihm zu unterhalten. Dabei ging es unter anderem darum, warum er so lange pausiert hat, was ihm die Musik bedeutet und natürlich was ihm an Köln am meisten gefällt!
Rausgegangen: Wie kommt der Name „Flo Mega“ zustande?
Flo Mega: Er setzt sich zusammen aus meinem Vornamen Florian und dem griechischen Omega, was das Gegenteil von Alpha ist. Grundsätzlich ist es ein Statement zum Gesetz des Stärkeren. Allemal aber ein Impuls aus den frühen 2000ern, als es langsam Mode wurde, sich mehr und mehr kreative Namen zu geben. Um mich herum fanden plötzlich viele ihren wahren Namen und ihre wahre Bestimmung. Meine Geschichte und Mission ließ sich am besten in Flo Mega verpacken.
R: Wie kommst du dazu Soul-Musik zu machen? Welche Musikrichtungen hast du bis dahin schon bedient?
F: Zur Soulmusik bin ich durch die Musiksammlung meiner Eltern und dem ständigen Gefühl, dass etwas aus mir heraus gedrückt werden muss, gekommen. Es basiert auf einem gewissen Gefühl der Unterdrückung, dass sich durch mein gesamtes Leben zieht. Ohne eine Opferhaltung zu bedienen, muss ich sagen, dass Soul und Blues für mich eine gewisse Schwere beinhalten müssen, ansonsten ist es lediglich Saubermann-Musik. Tanzen auf Spinnweben mit dem Gewicht der Welt auf dem Rücken. Grundsätzlich war ich immer ein Wanderer zwischen den Milieus und Welten, habe in jeglicher Form Musik gemacht, mich in jeglichen Genres aufgehalten und Pflege gute Beziehung zu Künstlern aus aller Welt und jeglicher Kunst.
R: Was bedeutet dir die Musik?
F: Musik bedeutet für mich weniger, Regeln zu beherrschen oder Noten zu lesen. Es bedeutet für mich viel mehr, seinem Leben ein Gefühl zu geben. Musik ist für mich etwas, das jeder sofort machen kann. Musik beinhaltet für mich persönlich keine großen Regelwerke, die es erst dann für jemanden schmackhaft bzw relevant machen, wenn man sie erlernt oder durchschaut hat. Wobei ich den Weg der Gerechten nicht kritisieren möchte. Wirkliche Finesse kann sich natürlich auch durch ein sehr aufwändiges Studium zeigen. Mich persönlich interessiert dennoch mehr die „primitive Herangehensweise“ an Musik.
R: Wer ist dein musikalisches Vorbild?
F: Ich habe keine direkten Vorbilder, meine Vorbilder wechseln ständig. Ich glaube, dass mittlerweile mein größtes Vorbild das Leben an sich ist. Die Hülle und Fülle der Menschen, die ich treffe oder die Phasen, die ich durchlebe tragen einen großen Teil zu meiner Inspiration bei.
R: Was hilft dir dabei deine Songs zu schreiben?
F: Eigentlich hilft mir nichts dabei, Songs zu schreiben. Das einzige was ich aus Erfahrung sagen kann, ist, dass Klarheit und Sorglosigkeit ein großer Helfer sind, wobei man es sich manchmal auch nicht aussuchen kann. Am besten ist, glaube ich, wenn man den Mut und die Lust als besten Lehrer für gute Songs betrachtet. Somit kann ich sagen, dass Songs schreiben am besten hilft, um Songs zu schreiben.
R: Wer oder was inspiriert dich?
F: Mich inspirieren die kleinen Schätze im Leben, die kleinen Momente, in denen ich innehalte. Momente, die mich verwundern; in denen mir etwas auffällt. Die Momente, in denen es einen Turning Point in meinem Kopf gibt. Es kann auch ein starkes, klares Gefühl in meinem Körper, in meinem Herzen sein (basierend auf musikalische Erfahrung) mit der gleichzeitigen Erkenntnis, „Ich weiß jetzt gerade genau, was ich will“. Es sind die Momente, in denen mir Dinge klar werden. Es kann aber auch sein, dass mich eine bestimmte Musik, die ich gerade höre, inspiriert oder etwas, das gerade im Leben passiert, wie eine Gartenparty drei Gärten weiter.
R: Was war bisher dein größter Kampf?
F: Mein bisher größter Kampf, ist der Kampf mit der finanziellen Armut. Mein größter Kampf ist der Kampf mit den Regeln der Gesellschaft und den Regeln des Musikgeschäfts. Mein größter Kampf ist eigentlich, die Disziplin zu beherrschen und mich zurückzunehmen. Leider Gottes ist Kreativität für mich etwas das wenig mit Regeln aus unserer alltäglichen Welt zu tun hat. Somit ist mein großer Kampf die Symbiose aus völliger Hysterie und bodenständigem Überleben zu schaffen. Ein großer Kampf ist aber auch der mit dem Stolz und der Eitelkeit. Durch sehr viel Zuspruch kann es passieren, dass ein Mensch sich sehr stark verändert. Ich muss mich immer wieder zurückpfeifen und mich darauf besinnen, dass ich nicht dauerhaft die Person bin, die auf der Bühne steht. Mein anderer großer Kampf, den ich in meinem Leben führe, ist, mehr Toleranz, Offenheit und Akzeptanz durchzusetzen. Ich kämpfe schon lange gegen die Kategorisierung in Menschengruppen oder Menschentypen.
R: Du hast 2019 dein neues Album rausgebracht - Worum geht es darin?
F: In dem neuen Album geht es vor allem (wie immer) um den Blues, den ich habe. Grundsätzlich geht es aber darum, dass ich wieder Musik mache, die man vermarkten kann. Ich habe dieses Album nach einem alten Prozedere erschaffen, nämlich nach dem Prozedere des HipHop. Dieses Album ist komplett am Rechner produziert und hat seinen Schwerpunkt auf Text. Ich denke, dass man grundsätzlich einen Künstler nicht fragen kann, worum es bei seiner Kunst geht. Denn das Erschaffene spricht immer für sich selbst. Ich wäre dumm, wenn ich nicht sagen würde, dass dieses Album sehr gut geworden ist und dass jeder es sich kaufen soll.
R: Du performst in Köln einen Song zusammen mit den Grüngürtelrosen – wie fühlt es sich an plötzlich mit einem ganzen Chor auf der Bühne zu stehen?
F: Es fühlt sich so gut an, mit diesem Chor auf der Bühne zu stehen. Denn diese sehr männlichen Männer haben in diesem Moment etwas sehr Zerbrechliches. Es ist nicht so, dass ich mich daran ergötze. Im Gegenteil, ich finde es einfach die Ironie schön, das Mann-Sein in diesem Moment zu teilen. Bei den Grüngürtelrosen sind viele dabei, die ich schon viele Jahre aus Köln kenne. Männer, die ein ehrliches Geschäft im Leben betreiben und lediglich einen Ausgleich brauchen. Ich finde es toll, dass sich diese Männer, in ihren besten Jahren, zu so einem frischen Projekt zusammen gefunden haben. Ich wünsche den Jungs alles Beste.
R: Es war lange ruhig um dich – was hast du in der Zeit gemacht?
F: Ich hatte private Dinge zu regeln, wie immer eigentlich. Es gab viele Baustellen, die ich beheben musste und vor allem habe ich mich noch einmal neu orientieren müssen im Musikgeschäft. Ich habe eine neue Zeit kommen sehen und habe mich erneuert. Ich will nicht sagen, dass ich mich neu erfunden habe, aber durch die neuen Strukturen, sprich den Strukturwandel in der Musikindustrie, hat sich auch die Musik verändert. Ich war schon immer jemand der sich einen Baum sehr lange anschaut, bevor er hinaufklettert. Dabei habe ich nicht gemerkt, wie die Zeit im Fluge verging.
R: Was gefällt dir an Köln am meisten?
F: In Köln gefällt mir am meisten die Nähe zu Belgien, Holland und Frankreich, die Offenheit der Menschen und die Herzlichkeit der Stadt, die einfach überhaupt nicht auffällt. An Köln und generell Nordrhein-Westfalen mag ich vor allem die Patina. Es erinnert mich immer an den Schoß meines Opas. Vielleicht hat es auch gerade deshalb einen Reiz für mich, weil auch viele unklare Sachen aus der Politik zu Zeiten der Kohl Ära in dieser Gegend irgendwie heutzutage entlarvt rüber kommen. Dennoch beinhalten die brauchbaren Bausteine von gewissen Zeiten im Leben immer etwas Gutes. Vor allem bin ich seit 20 Jahren Dauergast in Köln und fühle mich auch als ein Bürger dieser Stadt. Ich habe einen großen Freundeskreis in Köln und mein Sohn lebt nicht unweit von der Stadt. NRW ist in jedem Fall mein zweites zu Hause. Was ich an Köln am meisten schätze, ist der Fakt, dass man Dinge nicht so schwer nimmt und sich gemeinsam auf das Gute besinnt.