Wenn du „Surrealismus“ hörst, denkst du vielleicht zuerst an Dalís schmelzende Uhren oder sein Hummer-Telefon. Aber wusstest du, dass die Surrealist:innen auch gegen den Faschismus kämpften? Mehr über die politische Dimension der Kunstströmung erfährst du aktuell in der Ausstellung „Aber hier leben? Nein danke. Surrealismus + Antifaschismus“  im Lenbachhaus

Surrealiswas? -  Mehr als schmelzende Uhren

 

In den letzten Jahren wurde der Surrealismus oft als weltfremde Traumdeuterei und seine bekanntesten Vertreter:innen als eskapistisch europäische Kunstelite abgetan. Die Ausstellung im Lenbachhaus bricht mit diesem Klischee und zeigt, dass hinter dem Surrealismus weit mehr als eine ästhetisches Spielerei steckt.

Viele Surrealist:innen schufen Kunst, um Grenzen zu sprengen und Strukturen zu hinterfragen – nicht nur künstlerische, sondern vor allem gesellschaftliche und politische. Sie waren nicht nur Träumer:innen, sondern auch Aktivist:innen, die politische Netzwerke knüpften und eine radikale Freiheit forderten.  

Die in 14 Episoden gegliederte Ausstellung zeigt den Surrealismus als vielseitige, international vernetzte Bewegung, die sich in unterschiedlichen Kontexten als kreativer Widerstand gegen politische Unterdrückung entfaltete – von Prag über Kairo bis nach Martinique und Mexiko. Sie zeigt nicht nur Kunstwerke sondern erzählt multimedial Geschichten von Exil, Verfolgung und Freiheitskampf.

Neben Werken von bekannten Größen wie Max Ernst, Picasso oder Magritte werden auch weniger geläufige Positionen wie die von Óscar Domínguez, Leonora Carrington und Dora Maar abgebildet.

 

Bildcredits: Wandmodul_LeerstelleDeutschland1: Ausstellungsansicht "Aber hier leben? Nein danke. Surrealismus + Antifaschismus", Lenbachhaus, 2024. Foto: Lukas Schramm, Lenbachhaus⁠ (1), ÁlvarezBravoManuel1_Ausstellungsansicht1: Ausstellungsansicht "Aber hier leben? Nein danke. Surrealismus + Antifaschismus", Lenbachhaus, 2024. Foto: Lukas Schramm, Lenbachhaus⁠ (2), LamWilfredo_Ausstellungsansicht1: Ausstellungsansicht "Aber hier leben? Nein danke. Surrealismus + Antifaschismus", Lenbachhaus, 2024. Foto: Lukas Schramm, Lenbachhaus⁠ (3)

 

„Aber hier leben? Nein danke“ - Tocotronic und die Frage: Bleiben oder gehen?

  

Stell dir vor, du bist auf einem Schiff, irgendwo zwischen Marseille und Martinique. Die Welt um dich herum brennt – politisch, sozial, emotional. Neben dir stehen die größten Künstler:innen deiner Generation. Gemeinsam flieht ihr vor einem Europa, das vom Nationalsozialismus zerrissen ist. Und trotz all der Angst entsteht Kunst.

Ein zentrales Kapitel der Ausstellung erzählt von einer Überfahrt 1941, bei der Künstler:innen wie André Breton, Germaine Krull und Remedios Varo Marseille verlassen konnten um den Nazis zu entkommen. Viele surrealistische Künstler:innen solidarisierten sich mit Unterdrückten weltweit und mussten aufgrund ihrer aktivistischen Arbeit früher oder später unfreiwillig die Heimat verlassen. Das Exil führte sie an viele Orte: New York, Santo Domingo, Puerto Rico. Für manche war es eine richtige Odyssee. Viele Künstler:innen schufen im Exil oder auf der Flucht, Werke, die bis heute wirken. Der Ausstellungstitel erinnert an diese Fluchtgeschichten: „Nein danke“ – zu einem Leben unter Faschismus.

Inspiriert ist der Titel übrigens von dem gleichnamigen Tocotronic-Song aus dem Jahr 2005. In "Aber hier leben, nein danke" singt die Hamburger Band von der Ablehnung eines Systems, das sich nicht mit den eigenen Werten vereinbaren lässt. Ein Thema, das nicht nur damals, sondern auch heute relevant ist.

Bildcredits: Wandmodul_Ueberfahrt: Ausstellungsansicht "Aber hier leben? Nein danke. Surrealismus + Antifaschismus", Lenbachhaus, 2024. Foto: Lukas Schramm, Lenbachhaus⁠ (1), MassonAndré_Ausstellungsansicht2: Ausstellungsansicht "Aber hier leben? Nein danke. Surrealismus + Antifaschismus", Lenbachhaus, 2024. Foto: Lukas Schramm, Lenbachhaus⁠ (2), LamWilfredo_Ausstellungsansicht1: Ausstellungsansicht "Aber hier leben? Nein danke. Surrealismus + Antifaschismus", Lenbachhaus, 2024. Foto: Lukas Schramm, Lenbachhaus ⁠(3)

 

Lee Miller in Hitlers Badewanne: Surreale Momente der Geschichte

 

Ein weiteres Highlight der Ausstellung sind die Fotografien von Lee Miller. Erst Vogue-Model, dann Muse von Man Ray – wird die Künstlerin schließlich eine der wenigen akkreditierten Kriegsfotografinnen und dokumentierte während des Zweiten Weltkriegs das Kriegsgeschehen, den Einmarsch der Alliierten und die Befreiung Deutschlands. Später machte sie ein ikonisches Bild von sich selbst in Hitlers Badewanne, das du in der Ausstellung bewundern kannst.

Mehr über Lee Miller erfährst du übrigens auch im Film Die Fotografin mit Kate Winslet der letztes Jahr auf dem Münchner Filmfest Europa-Premiere feierte.

Bildcredits: MillerLee_Ausstellungsansicht1: Ausstellungsansicht „Aber hier leben? Nein danke. Surrealismus + Antifaschismus“, Lenbachhaus, 2024 © Lee Miller Archives, England 2024. All rights reserved. leemiller.co.uk. Foto: Lukas Schramm, Lenbachhaus . MillerLee_Ausstellungsansicht1: Ausstellungsansicht „Aber hier leben? Nein danke. Surrealismus + Antifaschismus“, Lenbachhaus, 2024 © Lee Miller Archives, England 2024. All rights reserved. leemiller.co.uk. Foto: Simone Gänsheimer, Lenbachhaus 

 

Warum diese Ausstellung wichtig ist

 

Du solltest diese Ausstellung nicht verpassen, wenn du Lust auf ein Kulturerlebnis hast, dass nicht nur ein klassischer Museumsbesuch ist, sondern sich anfühlt wie ein Dialog mit faszinierenden Menschen, die Erfahrungen gemacht haben, die auch heute noch von Bedeutung sind. Die Geschichten dieser Künstler:innen können uns daran erinnern, dass Freiheit und Kunst untrennbar miteinander verbunden sind – und dass es entscheidend ist, an dem Punkt „Nein danke“ zu sagen, an dem unsere Werte bedroht werden.

 

📍Lenbachhaus

⏰ Noch bis zum 30. März 2025