Internist Bernhardi, Direktor einer Privatklinik, verweigert einem Pfarrer den Zutritt zu einer Patientin, der dieser die Sterbesakramente spenden will. Im Endstadium einer Blutvergiftung, Folge einer unsachgemäßen Abtreibung, deliriert die junge Frau, sie sei geheilt. Bernhardi hält es für seine ärztlich-humanistische Pflicht, sie nicht aus dieser Illusion zu reißen. Der Pfarrer besteht auf seinem religiösen Auftrag als Seelsorger. Während sie noch diskutieren, verstirbt die Kranke. Für den jüdischstämmigen Bernhardi weitet sich der Zwischenfall zu einem existenzbedrohenden politischen Skandal aus.
In Schnitzlers Komödie – als die der Autor sein Stück doppelbödig bezeichnete – wird die Arbeitswelt des Krankenhauses zum modellhaften Ausschnitt einer von Konkurrenz und Ressentiment dominierten Gesellschaft, deren unterschwellige Triebkraft der Antisemitismus ist. Thomas Ostermeier geht der Frage nach, wie eine Gruppe einen isolierten Vorfall systematisch für die eigenen Interessen instrumentalisieren kann; wie scheinbar unbestreitbare Fakten diskursiv so weit relativiert werden, bis das »objektiv Richtige« seine Konturen verliert. Was bleibt von der Wahrheit, wenn sie zwischen divergierenden Deutungen zerrieben wird?
von Arthur Schnitzer
Regie: Thomas Ostermeier
Dr. Bernhardi: Jörg Hartmann
Dr. Ebenwald: Sebastian Schwarz
Dr. Cyprian: Thomas Bading
Dr. Pflugfelder: Robert Beyer
Dr. Filitz: Konrad Singer
Dr. Tugendvetter: Johannes Flaschberger
Dr. Löwenstein: Lukas Turtur
Dr. Schreimann/Kulka, ein Journalist: David Ruland
Dr. Adler: Eva Meckbach
Dr. Oskar Bernhardi: Damir Avdic
Dr. Wenger/Krankenschwester: N.N.
Hochroitzpointner: Moritz Gottwald
Professor Dr. Flint: Hans-Jochen Wagner
Staatssekretär Dr. Winkler: Christoph Gawenda
Franz Reder, Pfarrer: Laurenz Laufenberg
https://youtu.be/Np4GdZ_LhR0