FOTO: © Installationsansicht, David Claerbout, The Close, 2022 in Galerie Rüdiger Schöttle, Foto: Wilfried Petzi, © David Claerbout, VG Bild-Kunst Bonn 2024

Elif Saydam: Stealth

Das sagt der/die Veranstalter:in:

Die zweite Einzelausstellung von Elif Saydam in der Galerie Rüdiger Schöttle führt uns in eine Welt, die unter dem Radar läuft. Der Titel „Stealth“ lässt sofort erahnen, dass hier etwas unentdeckt bleibt oder sich heimlich unter der verführerischen Oberfläche dieser Malerei verbirgt. So versucht man sich unweigerlich diese Welt zu erschließen. Auf den runden Bildern sind Ausschnitte von ornamentalen, maurischen Mustern zu erkennen, von Marmorböden, Kassettendecken oder anderen architektonischen Elementen aus dem spanischen Andalusien, aber auch paradiesische Pflanzen und Früchte oder Details aus Plastikprodukten von Souvenirshops, die beispielsweise klassische Keramik aus einer anderen Zeit imitieren. Die Details spiegeln sich, überlagern sich, es ist schwer zu sagen, was auf den Bildern gemalt oder gedruckt ist, was künstlich erstellt oder real erlebt wurde. Hin und wieder ist eine Hand im Hintergrund zu sehen, die offenbar einen Spiegel hält. Die Arbeiten sind auf der scheinbar gedruckten Oberfläche mit gemalten Ornamenten, Blumen oder vergoldeten Umrahmungen verziert worden. Elemente aus der islamischen Miniaturmalerei, die Elif Saydam seit längerem bewusst dekorativ einsetzt. Zwischen diesen lustvollen Reflektionsbildern tummeln sich konvexe Spiegel in der Ausstellung, wie man sie aus der Straßenüberwachung oder zum Schutz vor Ladendiebstahl kennt. Die Spiegelflächen sind jedoch mit gemalten Gitterstäben und nostalgischen Stickern aus den 1980er Jahren überdeckt. Auf denen steht in deutscher Sprache: „Es gibt viel zu tun – nicht‘s wie weg“ oder „Wir müssen leider draussen bleiben!“

Ansätze, die an die Werkgruppe „Zu Spät“ anknüpfen, auf denen fotografische Ausschnitte von Gebäuden mit Berliner Spätis und deren Fassaden zu sehen sind. Neben den bekannten Ornamenten wurden teilweise auch Slogans und Fahnen der politischen Linken oder der Queer-Communities auf die Oberfläche gemalt, die Leinwand dient hier als Ort der Fantasie. Dieser Mix aus „hoch“- und subkultureller Ästhetik in der Bildsprache, die auf der Lebenswelt einer vielfältigen Gemeinschaft basiert, ist typisch für die Arbeitsweise der Künstler*in.

Der Begriff „stealth“ wird umgangssprachlich auch als Ausdruck für eine Person verwendet, die sich unerkannt durch eine soziale Ordnung bewegt und sich damit ein gewisses Maß an Sicherheit verschafft. Somit spielt der Titel auf mehreren Ebenen auf ein Gefühl des Unbehagens und des Begehrens an. Der Einsatz der Spiegel ist ein Versuch sich der Geschichte und der Identität zu nähern, verdeutlicht aber auch das Scheitern, sie je im Ganzen erfassen zu können. Die Malerei dient hier als Projektionsfläche für das Verlangen mit der Welt in Beziehung zu treten, die eigene Umgebung sichtbar zu machen, jedoch ohne ihr zu nahe zu kommen.

Elif Saydam (*1985 in Calgary, Canada) hat bis 2016 an der Städelschule Frankfurt bei Monika Baer und Amy Sillman studiert. Für 2024 erhielt die Künstler*in das New York Stipendium der Hessischen Kulturstiftung. Die Ausstellung „Eviction Notice“ in den Oakville Galleries in Oakville war die erste große institutionelle Einzelausstellung von Elif Saydam in Kanada und wurde vom Frieze Magazine als eine der 10 bedeutendsten Ausstellungen in 2023 bezeichnet. Für 2025 sind Einzelausstellungen in der Kunsthal Thy in Dänemark und im Kunstverein Gießen geplant.

Location

Galerie Rüdiger Schöttle Amalienstraße 41 80799 München

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