Sie strahlt Würde aus, auch Trotz, sie weiß, wovon sie redet. Sie nimmt sich den Raum, den sie benötigt: Der international bekannten Film- und Fernsehschauspielerin Sibel Kekilli gelingt Ende Oktober 2023 in »Fremd« ihr eindrucksvolles und viel beachtetes Theaterdebüt. Sie gibt ihre Stimme einem Text mit sozialem Sprengstoff aus der Feder von Michel Friedman. Der jüdische, deutsch-französische Publizist, Talkmaster, Jurist und Philosoph erzählt von einer Kindheit in Deutschland, die vor allem von einem überwältigenden Gefühl des Fremdseins geprägt ist.
Keiner wollte im Nachkriegsdeutschland des Wirtschaftswunders mehr etwas mit den Nazi-Verbrechen, dem Zivilisationsbruch und dem Holocaust zu tun haben. Die Morde wurden verdrängt, der Schmerz blieb. Und auch heute will niemand daran erinnert werden, was die eigene Rolle in der Geschichte war und ist — erst recht nicht von »Fremden«. In diesem Land aber wuchsen und wachsen auch Kinder als Migranten auf. Als Menschen, deren Ich das Wir der sogenannten Mehrheitsgesellschaft bedroht. In »Fremd« erzählt Friedman autobiografisch von einem dieser Kinder, das zwischen Familientrauma, Anpassungsdruck und Rassismus versucht, seinen Platz in der Welt zu finden.
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