WELTKLANG – Nacht der Poesie

Das sagt der/die Veranstalter:in:

Betonhalle | 15/10 € inkl. Anthologie 

Zum 25. Mal feiern wir in diesem Sommer eine Nacht der Poesie in Berlin. Über die erste Ausgabe, die im Jahr 2000 am Potsdamer Platz stattfand, wird in den Annalen der Hauptstadtpresse kolportiert, sie sei in einen Einbruch sommerlicher Schafskälte gefallen, es sei viel zu dunkel geworden, um in der Anthologie mitzulesen, und dennoch habe ein begeistertes Publikum bis zwei Uhr morgens durchgehalten.

Anders als in dieser mythischen Gründungsnacht zur Jahrtausendwende gibt es bei Weltklang inzwischen nicht nur warme Räume und Leselampen. Seit dem Jahr 2023 erscheinen deutsche und englische Übersetzungen aller gelesenen Gedichte in einer traditionell exklusiv zur Veranstaltung erscheinenden Anthologie.

Die an diesem Abend auftretenden acht Dichter:innen aus unterschiedlichen Teilen der Welt lesen und performen in den jeweiligen Originalsprachen und zeigen, welche Intensitäten Poesie nicht nur in der stillen Lektüre, sondern im gesprochenen Wort, in der Konzentration einer dichterischen Stimme erzeugen kann.

 

Anneke Brassinga (geboren 1948 in Schaarsbergen, Niederlande) ist eine der renommiertesten, mit dem P.C.-Hooft-Preis ausgezeichneten Stimmen der gegenwärtigen niederländischen Poesie. Durch das Übersetzen von u.a. Beckett, Diderot, Nabokov und Plath kam sie zum Schreiben. In ihren Gedichten lässt die „Sprachmagierin“ (Rob Schouten) Brassinga die Sprache in ihrer Materialität lebendig werden und spürt in eigenwilligen Wortneuschöpfungen und Komposita dem Wesen der Dinge und dem „klopfenden Herzen des Textes“ nach.

Kayo Chingonyi (geboren 1987 in Sambia) lebt seit 1993 in Großbritannien. Die Gedichte in seinen Bänden „Kumukanda“, ausgezeichnet mit dem Dylan Thomas-Preis, und „A Blood Condition“ (Chatto and Windus 2017 bzw. 2021) nähern sich poetischen Übergangsriten. Sie sind rückgebunden an die Geschichte und Mythologie der eigenen Herkunftskultur und gleichzeitig geprägt vom Aufwachsen in Großbritannien, von Hip Hop, Popkultur und Rap, von persönlichen und kollektiven Verlusterfahrungen.

CAConrads (geboren 1966 in Kansas, USA) Gedichte entstehen aus (soma)tischen Poesieritualen, die genauen Vorgaben folgen wie: den Sonnenaufgang weltweit über Webcams betrachten, zu Field Recordings ausgestorbener Tierarten meditieren, sieben Tage lang nur eine Farbe tragen bzw. essen. Die aus diesen Ritualen entstehenden Gedichte lösen sich von kapitalistischer Verwertungslogik und entwerfen ihre Poetik aus einer radikalen Außenseiterposition. Sie sind Einladung zu einer gemeinsamen Heilung und dazu, „die Welt zu lieben, wie sie ist, nicht, wie sie war“.

Fatemeh Ekhtesari (geboren 1986 in Kaschmar, Iran) floh 2015 aus Iran und lebt seit 2017 in Norwegen. Sie gehört dem „Postmodernen Ghasel“ an, der radikalsten poetischen Bewegung der iranischen Gegenwartsliteratur. In ihren Gedichten aktualisiert sie, changierend zwischen kolloquialem und hohem Ton, traditionelle Formen persischer Poesie wie die Ghasele im Kontext der sozial und politisch gewaltvollen Gegenwart ihres Heimatlands.

Hwang Yuwon (geboren 1982 in Ulsan, Südkorea) hat vier mit zahlreichen Preisen ausgezeichnete Gedichtbände veröffentlicht. Seine Gedichte sind hyperreale Wanderungen zwischen Groteske und Diskurs. Hwang selbst nennt sie „real time poems“: Live-Verschränkungen von Innen und Außen. Rhythmus und Repetition bilden einen Faden, an dem poetische Bilder hängen, pendeln, aneinanderstoßen. Eine Auswahl aus Hwangs Lyrik erschien 2019 auf Englisch in der Vagabond Press. Er selbst übersetzt u. a. Anne Carson, Bob Dylan und William Carlos Williams ins Koreanische.

Sylvie Kandé (geboren 1957 in Paris, Frankreich), ist bretonisch-senegalesischer Herkunft und lehrt Afrikanische Geschichte in den USA. Sie wurde u. a. 2017 mit dem Prix Louise-Labé ausgezeichnet. Ihre Gedichte folgen den sehr gegenwärtigen Gespenstern des Kolonialismus, verarbeiten Mythologisches und Historisches oder imaginieren es neu. Kandés Texte sind erzählerisch, gelehrt und dicht, geheimnisvoll und klar zugleich. Alles Erinnerte und Anverwandelte, alles Persönliche und Politische wird transformiert in eine sinnliche, schillernde, gleichwohl präzise Sprache.

Marianna Kijanowska (geboren 1973 in Schowkwa, Oblast Lwiw, Ukraine) verfasste über ein Dutzend Gedichtbände. Auf Deutsch erscheint „Бабин Яр. Голосами“ („Babyn Jar. Stimmen”), der 2020 mit dem Taras-Shevchenko-Preis ausgezeichnet wurde, 2024 im Suhrkamp Verlag, Kiyanovska schreibt Gedichte, die sich den Schrecken der Geschichte und den Kriegen der Gegenwart ausliefern, und die doch die Kraft aufbringen, offen zu bleiben für Zärtlichkeit und Hoffnung: „it means I can sleep on your chest / I can sleep without fear / it means this is still possible“.

Miruna Vlada (geboren 1986 in Bukarest, Rumänien) veröffentlichte ihr erstes Buch mit 18 Jahren und löste damit in ihrer Heimat eine öffentliche Debatte über sogenanntes „weibliches“ Schreiben aus. Seither folgten drei weitere Bände, u. a. das vielfach ausgezeichnete „Bosnia. Partaj” (Cartea Românească 2014) und „Prematur” (Cartier 2021). Vladas Gedichte wurden in 14 Sprachen übersetzt. Es sind hoch politische, sehr provokante Texte über die Folgen des Bürgerkriegs in Bosnien, über die „unstillbare innere Blutung unserer Gesellschaft” und das Recht darauf, keine Kinder zu bekommen.

Mit: Anneke Brassinga, Kayo Chingonyi, CAConrad, Fatemeh Ekhtesari, Hwang Yuwon, Sylvie Kandé, Marianna Kijanowska, Miruna Vlada

Vorgestellt von Ali Abdollahi, Juri Andruchowytsch, Suah Bae, Alexandru Bulucz, Oswald Egger, Zoncy Heavenly, Lisa Jeschke, Aurélie Maurin

 

Projektleitung: Alexander Gumz | Nadine Tenbieg

Gefördert durch: 

British Council, Institut Français, Literature Translation Institute of Korea, Nederlands Letterenfonds, NORLA Norwegian Literature Abroad, Rumänisches Kulturinstitut, The Mandala Hotel. Das poesiefestival berlin ist ein Projekt des Haus für Poesie in Kooperation mit dem silent green Kulturquartier und der Akademie der Künste und wird gefördert durch den Hauptstadtkulturfonds.

Location

silent green Gerichtstr. 35 13347 Berlin

Organizer

Haus für Poesie
Haus für Poesie Knaackstraße 97 10435 Berlin

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