PHOTO: © Staatliche Museen zu Berlin / Achim Kleuker

Retrotopia. Design for Socialist Spaces

In the organizer's words:

„Retrotopia. Design for Socialist Spaces“ ist ein kooperatives Ausstellungsprojekt, das sich mit der Rolle und dem Einfluss von Design in den Ländern des ehemaligen Ostblocks und Ex-Jugoslawiens von den 1950er - bis in die 1980er Jahren beschäftigt. Ein innovatives Netzwerk aus Kurator*innen und Institutionen ermöglicht neue und überraschende Einblicke in die komplexen Schichten der Designlandschaft einer Region, die einem breiteren und vor allem dem westlichen Publikum bis heute nicht bekannt ist. Mit ihren umfangreichen Recherchen und Forschungen tragen die Akteur*innen von „Retrotopia“ entscheidend zu einer überfälligen Neubewertung der globalen und dekolonialen Designgeschichte bei.

https://youtu.be/PED1V6RaLoE

Während des Kalten Krieges mutierten Design und Architektur zu einem Spiegel des geopolitischen Kräftemessens zwischen den beiden Supermächten USA und UdSSR. Doch jenseits jeder politischen Differenzen gab es eine Gemeinsamkeit: Designer*innen und Architekt*innen beider Systeme waren mit denselben gesellschaftlichen Herausforderungen konfrontiert, arbeiteten an ähnlichen Gestaltungsfragen und nachhaltigen Lösungen für die Umwelt, entwickelten vergleichbare Ideen und entwarfen visionäre Projekte – die oft nicht über das Stadium des Experiments oder Prototyps hinauskamen. Zudem gab es einen regen Austausch durch den „eisernen Vorhang“ hindurch, über verschiedenste Plattformen wie Ausstellungen, Kongresse, Workshops und Symposien, Fachpublikationen und nicht zuletzt persönliche Kontakte, die durch eine vernetzte künstlerische Praxis entstanden.

Die 1950er- bis 1970er Jahre standen zwischen Sputnik und Ölkrise ganz im Zeichen des Booms der Zukunftsorientierung. Das Schlüsselwort lautete Planung. Es war zugleich ein Synonym für die Vision, mit systematisierten Innovationen in die Zukunft zu denken. In einer „Welt als Entwurf“, wie es der Designer Otl Aicher formulierte, schien die Zukunft dank technologischen Fortschritts, künstlicher Intelligenz, Kybernetik und Computerisierung absolut kalkulierbar. Das dazugehörige und bis heute gültige Narrativ in der Nachkriegsmoderne lautete: Technologischer Fortschritt gleich sozialer Wohlstand gleich Glück für alle.

Zukunftsentwürfe bedürfen einer räumlich-visuellen Konkretisierung, damit sie gesellschaftliche Wirksamkeit entfalten können. Städtebau, Architektur und Design spielen in den Diskursen und Praktiken der Gestaltung möglicher besserer Welten eine entscheidende Rolle. Technikbegeisterung und Planungseuphorie waren Motor für das „Systemdesign“ und die Gestaltung von privaten und öffentlichen Räumen bis in den Weltraum.

Zum ersten Mal seit langer Zeit treffen in einer Ausstellung zahlreiche unterschiedliche Designpositionen aus postsozialistischen Ländern wie Estland, Litauen, Polen, Ungarn, der Slowakei, Kroatien, Slowenien oder der Ukraine aufeinander. „Retrotopia. Design For Socialist Spaces“ entfaltet ein Kaleidoskop von realisierten und visionären Gestaltungsentwürfen, die sich dem öffentlichen und privaten Raum widmen. Wobei ‚Raum‘ im Sinne von Henri Lefebvre als ein mentales, physisches als auch symbolisches Konstrukt zu verstehen ist. Das Spektrum der Ideen reicht von futuristischen Interieurs für Hotels oder eine Präsidentenlounge am Flughafen über die visuelle Kommunikation für sportliche Wettkämpfe oder Festivals im öffentlichen Stadtraum, die idealtypische Einrichtung für die neuen Wohnungen, repräsentative Textilien oder künstlerische Glasinstallationen für Handelsmessen, Rekonstruktionen visionärer Architekturen sowie kybernetischer Wohnräume.

Im zweiten Teil der Ausstellung entsteht aus umfangreichem Archivmaterial, Fotos, Postern, Zeitschriften, Büchern, Filmen und Designobjekten eine dreidimensionale Mindmap zu den Themenclustern Design-Institutionen, Design-Ausbildung, Design-Diskurse, Ausstellungen, Netzwerke und Designsammlungen, die zur vertiefenden Auseinandersetzung einlädt.

Internationales Kooperationsprojekt

„Retrotopia. Design for Socialist Spaces“ ist eine Initiative des Kunstgewerbemuseums – Staatliche Museen zu Berlin in Kooperation mit: Museum für Utopie und Alltag (Beeskow/Eisenhüttenstadt), Slowakisches Designzentrum (Bratislava), Slowakische Nationalgalerie Bratislava, Mährische Galerie (Brünn), Museum für Angewandte Kunst (Budapest), M. K. Čiurlionis Nationalmuseum für Kunst (Kaunas), Museum für Zeitgenössische Kunst NGO (Kyjiw), Stedley Art Foundation (Kyjiw), Museum für Architektur und Design (Ljubljana), Nationalgalerie Prag, Estnisches Museum für Angewandte Kunst und Design (Tallinn), NGO Imago of Culture (Uschhorod), Litauisches Nationalmuseum für Kunst (Vilnius), National Museum in Warsaw, Museum für Kunst und Kunsthandwerk (Zagreb), sowie Chernihiv Monumentalism Community und ARWM Cultural Heritage Conservation Fund.

Kuratorisches Team

Das Projekt wird kuratiert und geleitet von Claudia Banz, Kuratorin für Design am Kunstgewerbemuseum in Zusammenarbeit mit den Co-Kuratorinn*en Polina Baitsym, Alex Bykov, Melinda Farkasdy, Judith Horváth, Helena Huber-Doudová, Silke Ihden-Rothkirch, Karolina Jakaitė, Viera Kleinová, Rostislav Koryčánek, Mari Laanemets, Kai Lobjakas, Florentine Nadolni, Anna Maga, Kaja Muszyńska, Cvetka Požar, Klára Prešnajderová, Alyona Sokolnikova und Koraljka Vlajo.

Location

Kunstgewerbemuseum Matthäikirchplatz 10785 Berlin

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