In the organizer's words:
Julia ist Mitte vierzig, arbeitet als schlecht bezahlte Übersetzerin und Lektorin und wohnt in einer unbeheizten, hellhörigen Wohnung im Wedding. Direkt neben ihr wohnt Marcus, ihr Ex-Freund, dessen neue Beziehung sie durch die dünnen Wände detailliert mitverfolgen kann. Als ihre Nachbarin sie eines Nachts mit lauter Musik wachhält, fängt sie an, über die Vergangenheit nachzudenken. Was ist aus Krispin, genannt Kris, ihrem besten Freund und wichtigsten Menschen aus der Kinder- und Jugendzeit geworden? Seit sie mit 15 Jahren aus Bremen weggezogen ist, hat sie ihn nicht mehr gesehen. Am nächsten Morgen begibt sich Julia auf die Suche nach ihrem Freund.
Zu ihrer Überraschung wohnt auch Kris inzwischen in Berlin, ist verheiratet und hat einen Sohn. Wenige Tage später sitzt Julia »rein zufällig« in einem italienischen Restaurant in Charlottenburg, von dem sie Fotos auf dem Facebook-Account seiner Frau gefunden hat. Kris besucht tatsächlich das Restaurant und er und Julia beginnen, sich über ihre Jugendzeit und ihr Leben in Berlin auszutauschen. Kris ist Jurist, genauso wohlhabend wie sein Vater es damals war, und besitzt zusätzlich zu seiner Wohnung ein Haus in der Uckermark. Obwohl Julia und Kris sich inzwischen in unterschiedlichen Welten bewegen, gibt es eine Vertrautheit zwischen den beiden, die erst gestört wird, als Kris’ Frau Christiane und der Sohn Korbinian nach einer Shoppingtour durch die Designerläden des Kurfürstendamms dazustoßen. Im Gespräch mit der Familie wird immer deutlicher, dass Julia und Kris, die sich als Teenager als Anarchist_innen bezeichneten, politisch weit auseinandergedriftet sind ...
Kann man trotz diametral entgegengesetzter politischer Haltungen und jeweils absoluter Gewissheit, auf der richtigen Seite zu stehen, aufrichtig miteinander verbunden, vielleicht sogar befreundet sein? Was haben politische Haltungen mit der Kindheit, mit dem sozialen Milieu, in dem man aufgewachsen ist und in dem man sich bewegt, zu tun? Und welche Rolle spielen private Erfahrungen und individuelle Schicksale?
»spinne« ist ein Monolog über die Schwierigkeit, trotz politischer Konflikte und unterschiedlicher Lebensentwürfe wirklich miteinander zu reden.
Maja Zades Stücke »status quo«, »abgrund«, »ödipus« und »reden über sex« laufen im Repertoire der Schaubühne und wurden u. a. ins Norwegische, Schwedische, Lettische, Polnische, Französische und Englische übersetzt. »spinne« ist ihre erste Regiearbeit.