Seit 2005 erscheint auf der letzten Umschlagseite der deutschen Ausgabe von Le Monde diplomatique ein Comic. Renommierte Illustrator:innen und Comiczeichner:innen haben für diese Seite im Lauf der Jahre bemerkenswerte Beiträge gestaltet – und häufig die besondere Herausforderung des großflächigen Seitenformats wie auch des begrenzten erzählerischen Rahmens mit Bravour gemeistert. So sind Comics entstanden, die einen unberechenbaren, oft absurden und manchmal melancholischen Blick
auf Politik, Alltag und Kultur werfen. Dabei wird der Bogen geschlagen zu den Anfängen der modernen Comicstrips, die als Zeitungs-Sahne-Häubchen irgendwann Ende des 19. Jahrhunderts entstanden und traditionell die letzte Seite schmückten.
Nicht wenige der großen nationalen wie internationalen Zeitungen und Zeitschriften, wie etwa die New York Times mit ihrer schon immer von gezeichneten bzw. gemalten Illustrationen geprägten Book Review oder die Libération aus Paris, zehren heute noch sowohl von der Tradition des frühen Comicstrips als auch von den ästhetischen Folgen der Underground-Revolte der 1960er-Jahre. Sie engagieren ganz bewusst vor allem Künstler:innen aus der in den letzten drei Jahrzehnten gewachsenen Independent-Szene für ihr Art Design. Und gerade diese sind es auch, die seit 2005 die letzte Seite der Le Monde diplomatique mit ihren Bildideen und Bildergeschichten bereichern.
Die Arbeiten bewegen sich hart an jener Schnittstelle von Hochkunst und Trivialkultur, die gleichsam zum Markenzeichen postmoderner bildender Kunst geworden ist. Stilistischer Eklektizismus, ein geradezu exzessiver Gebrauch von Zitaten aller Art, vor allem aber der respektlos freie Umgang mit den vielfältigen grafischen Möglichkeiten der Gegenwart sind die wesentlichen Elemente ihrer zeitgenössischen Bilder- und Geschichtenproduktion, die ganz offenbar keine Berührungsängste mit der Faszination der trivialen Bilderwelt der Comics mehr kennt.
Mit der Ausstellung „Die große Salatschüssel des Lebens“ feiert die deutsche Ausgabe von Le Monde diplomatique das Erscheinen ihres vierten Comicbandes. Der Berliner Verlag Reprodukt hat erneut in Zusammenarbeit mit Karoline Bofinger, die für die Comicseite von Le Monde diplomatique verantwortlich zeichnet, die Beiträge von 50 Künstler:innen in einem großformatigen Sammelband zusammengetragen.
Begleitend zur Ausstellung gibt es ein Rahmenprogramm mit Lesungen, Workshops, Signierstunden, Buchpräsentationen u.v.m.