PHOTO: © Thomas Aurin

Hellfeld • Lenore Blievernicht liest aus Sanddornzeit von Hanns Cibulka

In the organizer's words:
„Auch damals, vor zweiundzwanzig Jahren, lebte ich auf einer Insel. Es war in der Nähe von Messina, in einem gelben Tropenzelt, siebenhundert Fuß über dem Meer. Ich war als Fernsprecher eingesetzt, saß den ganzen Tag an der Vermittlung und las zum ersten Mal in meinem Leben die Odyssee in der Nachdichtung von Thassilo von Scheffer. Ein klassischer Abglanz lag über der Insel. Die Alliierten waren noch nicht gelandet … Was mich damals an der Odyssee beeindruckte, waren die Abenteuer, die Ereignisse, die wunderbaren Geschichten. Willig folgte ich den Taten und Leiden des Helden, erlebte Kampf, Gebet und Anrufung. Was zurückblieb, war die griechische Erde mit ihrer wechselnden Landschaft … war das Leben der Menschen, robust, voller liebender und verwerflicher Leidenschaft. Nun kommt mir das Buch zum zweiten Mal in meinem Leben entgegen, und ich frage mich: Wie war es mir möglich, dass ich von diesem Werk bisher nur die Handlung aufgenommen habe? … Zweitausendsiebenhundert Jahre sind inzwischen vergangen, doch die Bilder dieser Dichtung rühren noch heute an unser Herz. Wie das Wasser, das nicht zur Ruhe kommt, so segeln auch wir von Ort zu Ort, unbehaust, die Salzflut unter den Planken … Und ich erinnere mich an eines der schönsten Gedichte, die Louis Fürnberg schrieb: Und wäre dies mein Schicksal auch bis ans ruhmlose Ende, – ach, ich bin nicht müde den Sirenen zu lauschen und den einäugigen Zyklopen Rede zu stehn.“ Hanns Cibulka Sanddornzeit Tagebuchblätter von Hiddensee Herausgegeben und mit einem Nachwort von Sebastian Kleinschmidt Naturkunden N° 64, herausgegeben von Judith Schalansky bei Matthes & Seitz Berlin Hanns Cibulka, geboren 1920 in Jägerndorf, Mähren (heute Krnov, Tschechische Republik), war einer der bedeutendsten Schriftsteller der DDR. Im Zentrum seines Tagebuchwerks steht die Phänomenologie südlicher und nördlicher Landschaften und mit ihr die eindringliche Warnung vor Umweltzerstörung. Bis zu seinem Tod 2004 lebte der auch durch seine Gedichte bekannte Autor in Gotha, wo er über 30 Jahre die Heinrich-Heine-Bibliothek leitete. Neben mehreren Lyrikbänden veröffentlichte er vor allem Tagebuchprosa, u.a. Umbrische Tage, Sizilianisches Tagebuch, Ostseetagebücher und Thüringer Tagebücher. Sebastian Kleinschmidt, Herausgeber und Essayist, Mitglied des PEN-Zentrums Deutschland, geboren 1948 in Schwerin, lebt in Berlin. Er war von 1991 bis 2013 Chefredakteur der Zeitschrift „Sinn und Form“. Bei Matthes & Seitz Berlin veröffentlichte er zwei Essaybände „Gegenüberglück“ (2008) und „Spiegelungen“ (2018). Die weite Welt, so ausgedehnt sie auch sei, ist immer nur ein erweitertes Vaterland und wird, genau besehen, uns nicht mehr geben, als was der einheimische Boden auch verlieh.“ Johann Wolfgang von Goethe

Location

Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz Linienstraße 227 10178 Berlin

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